Interview: Sherin Kneifl Bild: zVg
Wofür steht denn nun Denner: «Nah bei dir», «Schnell sparen», «Gesund geht auch preiswert» …? Aus Ihren Kampagnen – das Baby, das Fitnesspaar im Hexenhäuschen, die Hunde, die alten Ladys – lässt sich vieles herauslesen. Wo lässt sich der rote Faden in dieser Vielfalt ausmachen?
Rémy Müller: Denner hat sich in den letzten Jahren rasant weiterentwickelt und viel in das Sortiment und das Filialnetz investiert. Die Vielfalt der Themen kommt somit aus der Geschwindigkeit, in der die Weiterentwicklung passiert.
Pascal Trütsch: Diese Unternehmensstrategie haben wir mit passenden und überraschenden Kampagnen begleitet. Uns war wichtig, dass wir jeweils die Branchen- und Kommunikationsstandards brechen, um unsere Botschaft so effizient und schnell an die Bevölkerung heranzutragen und gleichzeitig die Tonalität von Denner (zum Beispiel einfach und mutig) konsequent umzusetzen. Darin besteht auch der rote Faden.
Wie sieht für Sie ein gutes Leben aus?
Rémy Müller: Das hat viele Facetten. Für mich ist es eine Kombination von einem harmonischen Privatleben, genügend Ausgleich in der Natur und einem Job, der mich erfüllt.
Pascal Trütsch: Ich geniesse aktuell gerade das gute Leben und gönne mir ein Sabbatical, bevor ich mir eine neue berufliche Herausforderung suchen werde. Sonst erachte ich es als Privileg, mit Menschen, die ich mag, Zeit zu verbringen, mit ihnen zusammenzuarbeiten und interessanten Tätigkeiten nachzugehen.
Die Umsetzung von «The Good Life» mutet etwas amerikanisch an. Wollten Sie damit Internationalität signalisieren?
Rémy Müller: «The Good Life» nutzt als Referenz kein bestimmtes Land, sondern eher eine Vergangenheit, in der sich jemand nie ums Geld kümmern musste und sich alles leisten konnte. Dank Denner braucht auch in Zeiten von Inflation niemand auf gute Lebensmittel zu verzichten.
Alle können sich so das gute Leben leisten, auch in schlechten Zeiten, lautet die Botschaft. In welcher schlechten Zeit entstand die Idee für die Kampagne?
Pascal Trütsch: Hohe Mieten, hohe Krankenkassenprämien – die Fixkosten der Bevölkerung nehmen immer mehr zu. Schön zu wissen, dass Denner seit über fünfzig Jahren für tiefe Preise kämpft und Kundinnen und Kunden so ermöglicht, das Haushaltsbudget im Griff zu behalten.
Bei Discountern geht es um den niedrigen Preis. Eigentlich ist eine Tugend der Schweizer, nicht auf den Preis zu gucken. Wollen Sie diese Charaktereigenschaft wirklich umstossen?
Rémy Müller: Zwischen Preisbewusstsein und der «Geiz ist geil»-Mentalität gibt es einen grossen Unterschied. Bei Denner kann man sorglos und mit gutem Gewissen ins Regal greifen und weiss, dass man qualitative Produkte zu einem sehr guten Preis erhält. Deshalb muss man in der Tat beim Einkauf weniger «auf den Preis gucken».
Wer ist die Zielgruppe für diese Art von Shopping?
Pascal Trütsch: Denner bietet alles für den täglichen Gebrauch und ermöglicht dank 864 Standorten, ohne weite Wege einfach einkaufen zu können. Dementsprechend finden alle, ob Schülerin, Handwerker, Familie oder Anwalt, das passende Produkt, und dementsprechend breit ist die Zielgruppe.
Haben Sie diese mit der von Ihnen verantworteten Kommunikation erreicht?
Rémy Müller: Mit der mehrheitsfähigen Kommunikation, welche dank ihrer Kreativität trotzdem auffällt, und der durchdachten Medienstrategie wurde die Zielgruppe erreicht. Die Marktanteilszahlen zeigen in die richtige Richtung, das ist für uns die wichtigste Währung.
Was kaufen Sie persönlich ausschliesslich beim Discounter?
Rémy Müller: Ich habe in den letzten Monaten das Sortiment der Migros wieder ganz neu für mich entdeckt. Aber glücklicherweise gibt es oft einen Denner in der Nähe, der stets einen passenden Wein für mich bereithält.
Pascal Trütsch: Ich kaufe oft bequem alles für ein feines Znacht ein: Heute gibt es Lachs mit Bohnen, was ich auf dem Heimweg bei Denner besorgen werde.
Gemäss Umfragen sinkt die Migros momentan in der Gunst der Schweizer
Bevölkerung, während Denner steigt. Wie handhaben Sie das intern? Ist
dieser Beliebtheitsswitch gewollt?
Rémy Müller: Die Migros steckt in der wohl grössten Transformation ihrer Geschichte. In meiner neuen Funktion gebe ich zusammen mit meinem Team alles, um den Trend umzudrehen. Und ich bin überzeugt, dass wir es schaffen werden.
Pascal Trütsch: Die beiden Nahversorger ergänzen sich ideal, und es gibt durchaus Platz für beide. Es freut mich, dass Denner bei den Schweizerinnen und Schweizern immer beliebter wird und die Migros weiterhin eine der Love-Brands der Schweiz ist.
Inwiefern engagierte sich Denner in Ihrer Wirkungsperiode auch für die Schweiz?
Pascal Trütsch: Die Nachhaltigkeit hat im Unternehmen einen sehr hohen Stellenwert. So besteht zum Beispiel eine langjährige Partnerschaft mit IP-Suisse. Eine weitere Massnahme ist die Investition in ein grosses Partnernetz, was dem «Lädelisterben» entgegenwirkt.
An den ADC Awards erhielt die Kampagne «The Good Life» den Grand Prix. Der ADC-Präsident Thomas Wildberger hat das Motto «das Nonplusultra» ausgerufen, dafür plädiert, dass die Kampagne genau das sei, und die restlichen Jurypräsidenten sind der Argumentation gefolgt. Was hat der hohe Preis in der Marketing- und Kommunikationsabteilung bewirkt?
Rémy Müller: Unsere Währung sind die Kunden. Wenn sie aufgrund der Kampagnen die Läden frequentieren, sind wir glücklich. Wenn wir mit unserer Werbung die Werbebranche ebenfalls erfreuen können, macht das natürlich noch mehr Spass und motiviert, mutig zu bleiben.
Welche Rolle spielt Humor in Ihrer Kommunikation bzw. im Marketing?
Pascal Trütsch: Bekannterweise kann man sich Aufmerksamkeit entweder erkaufen oder verdienen. Um die kleinen Preise halten zu können, muss jeder Werbefranken achtsam investiert werden. Humor und Kreativität sind profane Mittel, um Aufmerksamkeit zu gewinnen, die Werbeeffizienz zu steigern und so die Botschaft mit weniger Budget in den Köpfen der Zielgruppe zu verankern, weshalb sie eine wichtige Rolle spielen.
Lidl hat sich eine ziemlich gute Position in der Schweiz erworben, und das ganz ohne kreative Werbung, sondern mit Reklame. Warum glauben Sie dennoch, dass die kreative Kraft wichtig ist?
Pascal Trütsch: Im Lebensmittelhandel braucht es beides. Deshalb besteht auch bei Denner ein grosser Teil der Kommunikation aus Angebotswerbung und stellt so den kurzfristigen Erfolg sicher. Langfristig sorgt kreative Werbung für die entsprechende Markenstärke, sodass die Kunden auch dann bei dem Händler mit der kreativen Kampagne einkaufen, wenn es mal keine passende Aktion gibt.