Interview: Ekaterina Petrova Bild: zVg
Herr Chenaux, warum war diese Prüfungsreform nötig?
Basis für die neue Prüfung war eine umfangreiche Berufsfeldanalyse, bei der die Bedürfnisse und die Anforderungen seitens Unternehmen und Kommunikationsagenturen aufgenommen und analysiert wurden. Im Rahmen der Auswertungen erkannten wir, dass sich die Aufgaben und der Fokus moderner Kommunikationsleiterinnen und Kommunikationsleiter deutlich verändert haben. Einerseits in Bezug auf die Digitalisierung und die Automatisierung, andererseits auch auf das Verständnis für die Kommunikation als Ganzes beziehungsweise die Verschmelzung zwischen Unternehmens- und Marketingkommunikation. Aus diesem Grund haben wir uns entschieden, PR Suisse als Kompetenz für Unternehmenskommunikation in die Prüfungsreform zu integrieren und gemeinsam eine moderne und zeitgemässe Prüfung zu gestalten, die sowohl den Absolvierenden wie auch der Wirtschaft einen Mehrwert und eine zukunftsorientierte Perspektive bietet.
Was sind denn die konkreten Unterschiede und Vorteile der neuen Prüfung?
Die wesentlichen Unterschiede liegen im Prüfungsdesign. Während die Prüfung bis anhin aus elf Prüfungsteilen bestand, wurden diese auf bis vier Teile reduziert. Im Rahmen der schriftlichen Prüfungen liegt der Fokus klar auf der Unternehmenskommunikation sowie auf der kommerziellen Kommunikation, die mit fundierten Praxisfällen à je vier Stunden geprüft werden. Ergänzende Themengebiete wie Marketing und Marktforschung sowie Volkswirtschaft, Betriebswirtschaft und Unternehmensführung werden in sogenannten Mini-Cases à je zwei Stunden geprüft und runden den schriftlichen Teil ab.
Wie sieht es bei den mündlichen Prüfungen genau aus?
Ein grosser Unterschied liegt auch im Design der mündlichen Prüfungen. Während früher Fachgespräche in der Volkswirtschaftslehre und im Recht geführt wurden, setzen wir heute auf Critical Incidents. Entsprechend stellen wir die Kandidierenden vor kritische Situationen, die sie, basierend auf ihrem Fachwissen, lösen beziehungsweise stabilisieren und sinnvoll kanalisieren müssen.
Welche Bedeutung hat die Diplomarbeit?
Die Diplomarbeit ist ein zentrales, praxisrelevantes Transferelement der Prüfung und wurde stärker gewichtet. Es ist uns ein wichtiges Anliegen, dass die Kandidierenden ihre Kompetenzen im Rahmen einer selbst gewählten Diplomarbeit vertiefen und auch den jeweiligen Auftraggeberinnen und Auftraggebern oder Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern einen Mehrwert bieten können. Das heisst, dass die Kandidierenden selber entscheiden, ob das Thema ihrer Diplomarbeit ausschliesslich PR oder ausschliesslich Marketing/Kommunikation oder beide Bereiche beinhaltet, sodass es jeweils einem spezifischen Projekt/Bedürfnis Rechnung trägt – also auch hier wieder sehr praxisbezogen und mehrwertstiftend.
An wen richtet sich die Weiterbildung?
Gemäss Analyse bietet die Prüfung vor allem Marketing- und Kommunikationsfachleuten eine spannende Perspektive, um sich in der strategischen Kommunikation zu etablieren. Wir haben jedoch auch diverse Feedbacks von Marketingleiterinnen und Marketingleitern erhalten, die Weiterbildung als Chance sehen, sich im Bereich der strategischen Kommunikation zu spezialisieren und weiterzuentwickeln. Zeitgemässe Zulassungsbedingungen und eine klar definierte Wegleitung bieten aber auch Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern ohne spezifische Vorbildung in den Bereichen Marketing und Kommunikation die Möglichkeit, die höchste eidgenössische Prüfung in der Kommunikationsbranche zu absolvieren.
Im Bereich Kommunikation besteht ein grosses Angebot an Weiterbildungen. Welche Vorteile sprechen Ihrer Meinung nach für den Abschluss einer eidgenössischen Fachausbildung beziehungsweise einer höheren Fachausbildung wie dieser?
Es liegt mir fern, Weiterbildungen oder einzelne Formate gegeneinander auszuspielen. Meiner Meinung nach hat jede Weiterbildung ihre Berechtigung, sofern sie es den Teilnehmenden ermöglicht, sich in ihrem beruflichen oder privaten Umfeld weiterzuentwickeln. Der Vorteil von eidgenössischen Prüfungen liegt darin, dass bei Fachprüfungen (z.B. Kommunikationsfachleute mit eidg. Fachausweis) und höheren Fachprüfungen (z.B. Kommunikationsleiterinnen und Kommunikationsleiter mit eidg. Diplom) konkrete Inhalte und zu erreichende beziehungsweise zu prüfende Kompetenzen definiert sind. Wie erwähnt, werden die zu erreichenden Kompetenzen vom Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation und den jeweiligen Berufsverbänden im Rahmen von Berufsfeldanalysen evaluiert. Deswegen widerspiegeln eidgenössische Prüfungen die erforderlichen Kompetenzen aus der Wirtschaft und ermöglichen eine gezielte und praxisorientierte Weiterbildung
Zur Person: Pascal Chenaux hat rund fünfzehn Jahren in den Bereichen Marketing und Kommunikation gearbeitet und war rund zehn Jahre in der Erwachsenenbildung tätig. Heute ist er Leiter Marketing & Verkauf und Mitglied der Geschäftsleitung bei 2communicate ag.