Roland Anderegg, Basel hat das Rennen als Austragungsort des Eurovision Song Contest (ESC) gemacht (persoenlich.com berichtete). War das Ihr Favorit?
Basel war für mich nicht der Favorit, aber von Anfang an ein spannender Aussenseiter. Jetzt, wo es so weit ist, freue ich mich sehr, dass die Wahl auf Basel gefallen ist. Ich schätze die Stadt am Rhein mit ihrem progressiven Spirit und der Weltoffenheit sehr.
Was kann Basel besser als Zürich oder Genf?
Basel kann sicher über mehrere Tage einen guten Geist entwickeln und Einheimische, Auswärtige und vor allem internationale Gäste zusammenbringen. Das zeigen all die anderen Formate wie Art Basel oder die lange Messetradition, die diese Stadt geprägt hat.
Gerade was die Infrastruktur betrifft, wäre doch Zürich klar im Vorteil gewesen …
Infrastruktur im Sinne von geeigneten Locations sind wichtig. Logistik, Verkehr, Sicherheit et cetera sind alles entscheidende Faktoren. Oft wird bei der Vergabe aber nicht die Frage gestellt, wer besser ist, sondern welche Kandidaten diese Aspekte erfüllen.
Viele dürften sich bereits die Hände reiben. Inwiefern können lokale Unternehmen und Dienstleister vom ESC in Basel profitieren?
Es wird sicher über einige Tage richtig viel Betrieb in der Stadt sein. Zudem werden ja noch Inszenierungen und Zusatzbauten geplant. Sprich: Aus einem 35-Millionen-Franken-Budget wird auch ein beachtlicher Teil in Handel und Gewerbe fliessen.
Werden auch Firmen ausserhalb von Basel profitieren können?
Auf jeden Fall wird eine Veranstaltung in dieser Grössenordnung mit entsprechenden Side Events viel Planungs- und Umsetzungsressourcen brauchen, die nicht nur in der Stadt Basel zu finden sind – wie Agenturen, Spezialisten et cetera.
Betrachten wir die Sponsoringmöglichkeiten. Welche Branchen oder konkreten Firmen eignen sich hier besonders?
Sicher grosse Firmen – Pharma, Finanzdienstleistungen, Kommunikation –, die entsprechende Budgets stemmen können. Der Zeitpunkt ist jedoch nicht ideal, weil die grossen Budgets für 2025 meist schon fortgeschritten sind.
Und wer sollte besser die Finger von einem Sponsoring lassen?
Firmen, die sich nicht mit den Werten der ESC-Entourage auseinandersetzen wollen oder keine Ressourcen haben, in die Umsetzung respektive Inszenierung zu investieren.
«Die Region ist bereits sehr gut positioniert»
Wie kann Basel den Event nutzen, um sich als Tourismusdestination international zu positionieren?
Die Region ist bereits sehr gut positioniert, und die mediale Reichweite der Veranstaltung ist in dem Sinne ein eigentlicher Booster, den es kommunikativ zu nutzen gilt.
Ist die Lage im Dreiländereck Deutschland-Frankreich-Schweiz in Sachen Marketing ein Vorteil?
Ich würde diesen Vorteil nicht im Marketing sehen. Es ist eher, wie die Region geprägt ist. So gesehen ist Basel das perfekte Tor nach Europa. Der Rhein fliesst quasi als Botschafter der Schweiz noch weiter.
Welche innovativen Marketingstrategien könnten Basel von früheren ESC-Austragungsorten abheben?
Das Setting, das die Regierung gezeigt hat – mit entsprechenden Locations und die Einbindung in die Stadt –, ist sehr ansprechend.
Wie kann Basel seine Stärken in den Bereichen Kunst, Kultur und Pharmaindustrie in die ESC-Vermarktung einbinden? Geht das überhaupt?
Es sind die weichen Faktoren, die zählen. Der Glaube daran, einen ESC-Event umsetzen zu können. Ich glaube, dass in den oben genannten Bereichen die Köpfe, das Know-how und der Glaube bestehen, auch mit dem ESC zu zeigen, wozu Basel fähig ist.
Welche Möglichkeiten sehen Sie, um die lokale Bevölkerung aktiv in die Marketingaktivitäten rund um den ESC einzubinden?
Es braucht Hunderte von Helfern. Zudem sollte versucht werden, Kulturschaffende dazu zu animieren, an Side Events ebenfalls Chancen zu entdecken und umzusetzen.
«Der Zeitpunkt des ESC ist perfekt, um die Schönheiten Basels für einen Sommertrip zu bewerben»
Bieten sich auch Chancen für das Stadtmarketing über den ESC hinaus?
Ja, der Zeitpunkt des ESC ist perfekt, um die Schönheiten Basels für einen Sommertrip zu bewerben. Der Slogan «This is Basel» kann mit den Werten des ESC und mit Weltoffenheit punkten. Zudem ist Basel so oder so eine sehr begehrenswerte Stadt, weil sie ein tolles Angebot – Natur und Altstadt – hat.
Chancen bergen auch Risiken. Welche Fehler dürfen die SRG und Basel auf keinen Fall machen?
Veranstaltungen in dieser Dimension sollten eigentlich immer allen gehören. Eine Zweiklassengesellschaft innerhalb der Kultur ist zu vermeiden. Es ist klar, dass nachfolgende Veranstaltungen in Basel mehr Mühe haben werden, Gelder und Ressourcen zu finden.
KOMMENTARE
09.09.2024 10:58 Uhr