04.05.2005

BERGER EMANUEL, Grandhotel Victoria-Jungfrau/April 2005

Grandhotel Victoria-Jungfrau: Die Leiden des Tourismus sind die Leiden der gesamten Schweiz – starker Franken, teurer Boden, hohe Löhne, Föderalismus bis in Kleinststrukturen, Nichtteilnahme am EWR, hohe Regelungsdichte. Emanuel Berger sagt “persönlich”, wie er in diesem Umfeld das Fünfsternehotel führt und wie er mit der Jungfrau- und Schilthornbahn ein gemeinsames Marketing für die Jungfrau-Region aufziehen wollte und mit der Übung scheiterte. Interview: Oliver Prange Foto: Severin Nowacki

Wo liegen die ursächlichen Probleme im Schweizer Tourismus?

“Das ursächliche Problem im Tourismus ist dasselbe wie im ganzen Land. Wir leiden unter den vielen Nachteilen, die wir nicht selbst verschuldet haben. Ich denke dabei an den starken Schweizer Franken, die Nichtteilnahme am EWR sowie die gesamte nationale Regelungsdichte. Wir sind für den internationalen Markt zu teuer geworden. Dass die touristische Welt grösser geworden ist, ist für uns nicht immer von Vorteil.”

Liegen in der Globalisierung auch Chancen? Zum Beispiel dürfen Sie auf viele Touristen aus China hoffen.

“Momentan schwärmen alle Experten vom Zukunftsmarkt China. Die Tourismusströme aus China werden aber kaum so gross sein und auch nicht so schnell kommen, wie in den Medien angekündigt. Der Chinese hat erschwerte Möglichkeiten, in die Schweiz zu reisen; zum einen benötigt er eine Einladung, zum andern kann er wegen der ungelösten Schengen-Frage nicht visafrei in unser Land gelangen. Zudem besteht noch keine direkte Flugverbindung. Viele Schweizer, die aus verschiedenen Gründen in den letzten Jahren ihre Ferien nicht im Ausland verbringen konnten, wollen jetzt wieder an die Strände in exotische Länder. Für mich als Hotelier, mit einem fast hälftigen Anteil der Gäste aus dem Inland, stellt sich die Frage, wie ich Schweizer dazu bringe, ihre Ferien in Interlaken zu verbringen, ohne mich auf den Preiskampf einzulassen.”

Denkt der Schweizer Tourismus zu binnenwirtschaftlich?

“Ja, das ist zwar ein altes Phänomen, aber zur- zeit erleben wir diesen Trend verstärkt. Man ist kaum bereit, den Preis zu bezahlen, welcher der erbrachten Leistung entspricht. Vor allem Kleinbetriebe – also Drei- oder Viersternehotels – leiden darunter. Konkurrenz entsteht durch die billigen Transportkosten ins Ausland. Also senken auch unsere Hotels die Preise. Doch das löst eine Kettenreaktion aus, welche dazu führt, dass der einzelne Betrieb kein Geld reinvestieren kann.”


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