Sie haben für die Verlegertagung zwei Reden vorbereitet. Am Ende haben Sie die harmlosere der beiden gehalten, warum eigentlich? (Die nicht gehaltene, schärfere Rede lesen Sie auf Seite 33).
Ich messe vor einem Vortrag immer die Temperatur der Zuhörerschaft und frage mich, was kann ich dieser zumuten. Das mache ich seit Jahren so. Gestern Abend habe ich mich bei den Verlegern und Journalisten umgehört und deren Erwartungen respektive Nichterwartungen an mein Referat getestet. Heute Morgen hat mein Zimmernachbar, der ehemalige ZDF-Intendant Professor Dieter Stolte, gemeint: Bleiben Sie, wie Sie sind. Sie können etwas ironisch sein, aber nicht allzu hart. So habe ich die sanftere der beiden Versionen gewählt.
Was war denn der Inhalt der schärferen Rede?
Ich hätte ganz klar einige Artikel zitiert und diese dem entsprechenden Journalisten und dessen Zeitung zugeordnet. Dabei steht immer die Frage im Raum: Was sind das für Recherchen? Das Wichtigste aber, was ich nicht gesagt habe: Ein Sportjournalist genügt heute nicht mehr, um die FIFA und deren Präsidenten zu analysieren. Der Fussball ist ein Bestandteil der Gesellschaft und hat nicht nur sportliche, sondern auch wirtschaftliche, gesellschaftliche und kulturelle Aspekte. Wer nun behauptet, die FIFA hätte 1,6 Milliarden Franken Schulden, muss auch eine Bilanz lesen und interpretieren können. Als Gegenbeispiel nenne ich aber Felix Reidhaar von der NZZ. Dieser hat sich die Mühe gemacht und hat während vier Stunden mit dem Finanzchef und seinen zwei Mitarbeitern unsere Buchhaltung analysiert. Seine Erkenntnisse erschienen auf fast einer Seite.
Wie reagiert man aber auf solche Angriffe? Verschliesst man sich jeglicher Kritik oder erkennt man in den Vorwürfen manchmal auch einen Funken Wahrheit?
Bei der ganzen Medienkampagne im vergangenen Sommer versuchte ich, auf die Angriffe zu reagieren, merkte aber bald, dass unsere Kommunikationsabteilung unter dem Generalsekretär (Michel Zen-Ruffinen; Red.) ein falsches Spiel spielte. Trotz meines Stürmerbluts geriet ich immer mehr ins Mittelfeld anschliessend in die Verteidigung. Am Ende stand ich im Tor.
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