12.01.2006

DE SCHEPPER WERNER, Chefredaktor Blick / April 2005

Gläubiger Rebell: Wohin steuert der Blick? Chefredaktor Werner De Schepper gibt sich kampfeslustig und hat den etablierten Schweizer Institutionen SRG, Migros und Swiss den Kampf angesagt. Ist dies der richtige Weg, um den Blick wieder auf Touren zu bringen? Gegenüber “persönlich” beantwortet der studierte Theologe auch die Frage, warum er die Vorwürfe seines Vorvorgängers Peter Uebersax, der Blick schreibe an den Lesern vorbei, falsch findet.

Herr De Schepper, Sie stellen die Befindlichkeit Ihrer Leser jeweils bei der Zugfahrt von Ihrem Wohnort nach Zürich fest. Welche Erkenntnisse haben Sie heute gewonnen?

“Da die Reise von Olten nach Zürich aufgrund des neuen Fahrplans nur noch 30 Minuten dauert, bleibt mir für die täglichen Beobachtungen viel weniger Zeit als früher. Ich habe heute Morgen im Speisewagen einen Banker kennen gelernt, der mit grossem Interesse die Blick-Story über den Wettskandal las. Dies zeigt, dass wir den richtigen Aufmacher gewählt haben. Auch beim Thema Preiskampf, welches der Blick in den vergangenen Wochen forcierte, scheinen wir richtig zu liegen. Der Privatbanker erzählte mir, dass auch in seiner Branche massiv gespart werde. Der Preis ist wirklich heiss – die damit verbundene Debatte scheint mittlerweile alle Bevölkerungsschichten und Unternehmen zu tangieren.”

Ihr Vorvorgänger Peter Uebersax hat in einem “persönlich”-Gespräch kritisiert, dass der Blick oftmals an den Interessen seiner Leser vorbeischreibe. Teilen Sie manchmal diesen Eindruck?

“Nein, überhaupt nicht. Es gibt da einen wesentlichen Unterschied zu Peter Uebersax; da er ständig mit dem Auto zur Arbeit fuhr, konnte er die Lesegewohnheiten der Pendler gar nie in der Praxis kennen lernen. Zu seiner Zeit hatte der öffentliche Verkehr aber auch einen viel geringeren Stellenwert als heute. Bei einem gemeinsamen Mittagessen hat mir Uebersax einmal gestanden, dass er mich um diese Chance beneide. Dies ist auch der Grund, warum er das Phänomen der Pendlerzeitungen nicht erklären kann. Nur um mich zu ärgern, lobt er heute 20 Minuten. Doch diese Kritik nehme ich sportlich. Unsere konstanten Leserzahlen beweisen, dass der Blick sehr nahe bei seinen Lesern ist. Geändert hat sich aber leider das ganze Kaufverhalten. Obwohl die Leute weiterhin eine gut gemachte Zeitung lesen wollen, möchten sie dafür möglichst wenig oder gar kein Geld ausgeben. Im Übrigen habe ich Vorschläge von Peter Uebersax über mögliche Blick-Themen im vorletzten ‘persönlich’ mit grossem Interesse gelesen.”

Darin hat er zur Preiskampfdebatte angeregt.

“Der Preiskampf ist eine originäre Blick-Geschichte. Ich habe bereits vor einigen Jahren auf Seite eins kritisiert, dass die Waschmaschine AEG Ökolavamat in der Schweiz 2000 Franken mehr koste als in Deutschland. Nachdem ich dies während einer Woche thematisiert hatte, begründete es der Hersteller damit, dass das Schweizer Modell über einen anderen Stecker verfügen müsse als das deutsche Modell. Der Preiskampf ist auch für mich das grosse Thema. Uebersax hat in seiner Aussage vollkommen Recht, nur hatte er nicht den Mut anzufügen, dass ausgerechnet der Blick diese Diskussion lanciert hat. Pech für ihn, dass die SVP in der Preisdebatte nicht führend ist.”


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