Herr Heusler, jetzt hat der FC Basel unter Ihrer Ägide den achten Titel in Folge gewonnen. Da kommt sicherlich eine gewisse Langeweile auf.
Dieser Eindruck könnte möglicherweise von aussen entstehen. Doch langweilig wird es einem in der Verantwortung für diesen Club nie. Jeder Titel hat seine eigene Geschichte, seine eigene Dramaturgie, seine eigenen Emotionen. Wenn man so nahe dran ist wie wir, nimmt man unsere Titel gar nicht als Serie wahr, sondern jeden als Ereignis für sich. Für uns ist jeder Titel die Bestätigung, dass die Teams auf und neben dem Rasen funk-tioniert haben. Man muss sich bewusst sein, dass jeder Sieg, jedes Tor und somit jeder -Titel gemeinsam erarbeitet werden muss. Nichts ist selbstverständlich.
Nun hat der achte Titel für Sie doch eine besondere Bewandtnis …
Ja, es war die letzte Meisterschaft in «meiner» Ära. Das macht den Titel schon aussergewöhnlich.
Welches war aus Ihrer Sicht der wichtigste Titel?
Eigentlich ist es unmöglich, das zu sagen. Von der Initialzündung her war derjenige, den wir 2010 am Ende der ersten Saison mit Thorsten Fink gewonnen haben, extrem wichtig. Wir hatten ein Jahr vorher die Führung von Gigi Oeri übernommen und hatten uns vom langjährigen Erfolgstrainer Christian Gross getrennt. Hätten wir damals beim letzten Spiel in Bern nicht in extremis gewonnen, wären die Weichen höchstwahrscheinlich ganz anders gestellt gewesen. Dank des Titelgewinns konnten wir uns anschliessend für die Champions League qualifizieren. Dies gab uns das notwendige finanzielle Polster und das sportliche Selbstverständnis, um den Club weiterzuentwickeln.
Viele Manager und Firmengründer verpassen den perfekten Abgang. Bei Ihnen hat man den Eindruck, dass Ihnen das Gegenteil gelungen ist. Der Blick verlieh Ihnen das Prädikat «makellos». Trotzdem stellt sich die Frage: Warum hören Sie überhaupt auf?
Dass ich solche Prädikate nicht sonderlich mag, ist bekannt. Aber die Tatsache allein, dass diese Frage überhaupt gestellt wird, ist ein Indiz dafür, dass wir wirklich den richtigen Moment getroffen haben. Viel schlimmer wäre doch die Aussage: Zum Glück hört er endlich auf. Ein berühmter Unternehmer – ich glaube, es war der Gründer von Ikea – soll es so auf den Punkt gebracht haben: «Man weiss nie, ob der Rücktritt rechtzeitig war. Entweder ist es zu früh oder zu spät. Besser ist aber, es ist zu früh als zu spät.»
Aber wann haben Sie sich entschieden, aufzuhören?
In den ersten Monaten 2016 haben wir damit begonnen, uns ernsthaft mit dem Thema auseinanderzusetzen. Uns ist bewusst geworden, dass der Club – trotz oder wegen der Titel-serie – wieder neue Reize und Akzente braucht. Dabei wollten wir uns in der Führung bei der ganzen Diskussion nicht ausnehmen. Beim FCB gab es in der jüngeren Vergangenheit einige Trainerwechsel. Zudem mussten wir nach jeder Saison das Team neu zusammenstellen. Die Führung aber blieb immer die gleiche.
Gab es irgendein Schlüsselerlebnis für diesen überraschenden Entscheid?
Wir hatten Ende 2015 mit viel Enthusiasmus und Energie das Projekt «Verein FC Basel 10 000» auf die Beine gestellt, mit dem wir unsere Mitgliederzahl verdreifachen und auf 10 000 erhöhen wollten. Just dieses Vorhaben, die Mitgliederbasis zu stärken, ist teilweise dazu missbraucht worden, uns mit fast absurden Unterstellungen zu konfrontieren. Das Projekt sei der Beweis für die totale Kommerzialisierung und die Entfremdung zwischen Club und Basis, hiess es etwa. Wenn auch von einer Minderheit ausgehend, so zeigten uns solche Haltungen, dass man unser Engagement zunehmend darauf zu reduzieren versuchte, dass wir nur den sportlichen und wirtschaftlichen Erfolg im Auge hätten.
Das hat Sie getroffen …
Ja und nein. An sich ist der Vorwurf speziell, weil wir ja eigentlich dafür da sind, den Club verantwortungsvoll und nachhaltig zu führen. Persönlich getroffen hat mich der Vorwurf, als er in der Unterstellung gipfelte, wir würden Wasser predigen und Wein trinken, sprich die Bedeutung der Basis und der Emotionen betonen, diese aber im Erfolgs- und Kommerzialisierungswahn ignorieren. Dies war nie der Fall. Je weiter ich mich von Basel wegbewegte, desto weniger habe ich das Phänomen dieser Diskussion erklären können.
Der Prophet im eigenen Land hat es am schwierigsten …
(Lacht.) Je älter man wird, desto mehr realisiert man, dass solche Lebensweisheiten nicht ganz aus der Luft gegriffen sind. Wenn man jünger ist, lächelt man noch darüber. Auch der Spruch, wonach der Erfolg – oder die Revolution – seine eigenen Kinder frisst, verfügt über einen gewissen Wahrheitsgehalt. Aber darüber darf man nicht klagen, weil es sich doch nur um ein menschliches Phänomen handelt.
Wie viele Mitglieder hat der Club heute?
Vor der Aktion hatten wir rund 2500 Mitglieder, deutlich weniger als beispielsweise der FC Zürich oder die Young Boys. Mittlerweile haben wir rund 8500 Mitglieder, ohne dass wir diese mit Rabatten auf Jahreskarten oder dergleichen gelockt hätten. Der Zuwachs ist auch für die Meinungsbildung wichtig. Früher wurden die Anträge der Vereinsleitung wie an einer Parteiveranstaltung praktisch einstimmig abgenickt. Durch die Verbreiterung der Mitgliederbasis werden sich lebendigere Diskussionen ergeben, was für den Club nur förderlich ist.
Wie sind Sie auf Herrn Burgener als Ihren Nachfolger gekommen?
Als wir im vergangenen Jahr Gespräche mit Marco Streller und seinen Kollegen führten, die bereit waren, innerhalb des Clubs mehr Verantwortung zu übernehmen, war uns immer klar, dass wir keine Jobs – wie beispielsweise jenen des Sportchefs – doppelt besetzen wollen. Es ist gleichzeitig eine Tatsache, dass ein Verein wie der FC Basel nicht nur sportlich, sondern auch wirtschaftlich geführt werden muss. Daraufhin wurden verschiedene Namen ins Spiel gebracht. Der Kontakt zu Herrn Burgener und seinem Umfeld entstand erst Anfang dieses Jahres.
Wie waren dann die Besitzverhältnisse innerhalb der FCB-Holding?
Die ganze Führungscrew, die nun abgibt, besass neunzig Prozent der Aktien, ich selber davon rund die Hälfte.
Verkaufen Sie alle Aktien?
Wenn der ganze Vorgang von der Mitgliederversammlung genehmigt und die neue Führungscrew gewählt wird, werden wir keine Aktie mehr besitzen. Wir versuchten, die Übertragung der Führungsverantwortung möglichst transparent zu gestalten, und wollten auch den Vereinsmitgliedern die Möglichkeit geben, ihre Meinung kundzutun. Nur der Verkaufspreis ist vertraulich, nicht zuletzt weil wir glauben, dass dies schliesslich auch Privatsache ist. Der Preis ist ohnehin nicht das Ergebnis einer rein wirtschaft-lichen Bewertung der FCB-Gruppe. Er ist vernünftig unter Berücksichtigung aller -Umstände.
Was ist eigentlich das Wertvolle am FCB?
Sehr, sehr vieles, was man nicht mit Geld kaufen kann. Wirtschaftlich und rechtlich haben wir das Ganze im Jahr 2006 so kons-truiert, dass der FCB nicht mit einem nor-malen Wirtschaftsunternehmen verglichen werden kann. 2016 sind Leute an uns herangetreten, die einen sehr hohen Preis für den FC Basel bezahlt hätten. Für sie wäre das Ganze aber ein reines Investment gewesen, das jährlich eine sehr hohe Dividende abwirft. Das passt nicht, weder zum Konstrukt noch zum Wesen des Fussballclubs. Ein -solches Denken würde den Club mittel- bis langfristig kaputtmachen. Wir hatten als Kautel eine Defizitgarantie der Holding eingebaut, aber auch Mitbestimmungsrechte des Vereins, was für den Wert der Aktie -sicherlich nicht förderlich war. Für uns war wichtig, dass diese Beschränkungen an den nächsten Eigentümer weitergegeben werden, womit reine Investoren als potenzielle Eigentümer ausgeschlossen wurden.
Sie haben vorhin die Vereinsmitglieder, die Fans erwähnt. Wie geht man als Vereinspräsident mit der Tatsache um, dass man einerseits die Interessen
der Fans berücksichtigen muss, andererseits die Gehälter der Spieler in exorbitante Höhen ansteigen?
Das ist ein Spagat. Er ist mit der internationalen Entwicklung des Fussballs und den Erfolgen des FCB nicht einfacher, sondern schwieriger geworden. Das geht so weit, dass sich unser Marketingchef vor Kurzem öffentlich dafür rechtfertigen musste, dass der Club mit dem Verkauf von Merchandising-Artikeln mit FCB-Logo die Emotionen kommerzialisieren würde. Dabei ist das doch sein Job. Wichtig ist, dass auch dies verantwortungsvoll und nicht rücksichtslos geschieht.
Wie spürt man solche Entwicklungen im Umfeld?
Ich bin kein Präsident, der völlig abgehoben lebt. Abends bin ich oftmals in der Stadt unterwegs. Dabei tragen mir die Fans nach einem oder zwei Gläsern Bier ihre Befürchtungen vor. Deswegen war es für mich wichtig, dass uns die Mitgliederversammlung, obwohl sie nur über 25 Prozent der Stimmen verfügt, ihre Zustimmung für ein weiteres Vorgehen gibt – und dies unabhängig vom Verkaufspreis. Dies führte im Umfeld zu -einer Beruhigung. Gleichzeitig hat es aber auch potenzielle Käufer abgeschreckt, die ihr Vorhaben nicht in der Öffentlichkeit -einer Vereinsversammlung ausbreiten wollten.
Ich habe Sie schon mehrmals ausserhalb von Basel referieren gehört. Die Wertschätzung, die Ihnen selbst von «Fussballgegnern» entgegengebracht wird, ist doch erstaunlich.
Das freut mich. Es war mir immer wichtig, nicht nur als engstirniger Präsident des FC Basel wahrgenommen zu werden, der ausschliesslich auf den eigenen Club fokussiert. Mein Interesse muss auch dem gesamten Schweizer Fussball gelten. So ist mir etwa immer bewusst gewesen, dass die Sicherheits- und Fanthemen in Basel die gleichen sind wie in Zürich – und vergleichbar mit denjenigen in Bern, St. Gallen oder Luzern. So habe ich klar Position bezogen im Hinblick auf die Fankultur in der Schweiz, ohne gross nach den Clubfarben zu unterscheiden.
Die Basler Zeitung schrieb einmal, dass das Amt des FCB-Präsidenten das Grösste sei, was man in dieser Stadt erreichen könne. Diesen Status geben Sie freiwillig auf?
(Lacht.) Status interessiert mich nicht. Der wird einem von aussen gegeben. Unangenehm ist, dass man «dank» des Status auch interessant wird für Geschichtenerzähler. So überrascht es nicht, dass hinter unserem -bewusst transparent gemachten Rücktritt der eine oder andere etwas Spektakuläres und Geheimes vermutet. Oder eine noch grössere Aufgabe.
Man munkelte, Sie wollten in die Politik eintreten …
Das habe ich auch schon gehört – aber nein, mein Rückzug erfolgte wirklich aus den vorhin geschilderten Gründen. Präsident des FC Basel zu werden, war nie mein Karriereziel. Ich empfinde diesen Job auch nicht als das Grösste, auch nicht als eine mir vorbehaltene Berufung. Es ist eine tolle Aufgabe, verbunden mit einer grossen Verantwortung. Man vergisst gerne, dass der FCB 250 Angestellte hat. Ich bin heute ebenso stolz darauf, immer allen Mitarbeitenden die Löhne bezahlt zu haben, wie auf die tollen Titelgewinne der Mannschaft. Ein wichtiger Grundsatz unserer Führung war es, dass wir uns niemals wichtiger nehmen als Club oder gar Mannschaft. Unser Rückzug ist lediglich die -konsequente Umsetzung dieser Philosophie. Gleichzeitig sind wir wirklich überzeugt, dass der Moment gekommen ist, neue -Akzente zu setzen.
Sie legen immer Wert auf das Kollektiv …
Ja, aber nicht, weil ich bescheiden bin, sondern aus der an sich naheliegenden Einsicht heraus, dass ein Team mehr erreichen kann als ein Einzelner.
Ihre Nachfolger setzen auf «Basel first». Empfinden Sie dies als Kritik an Ihrer Arbeit?
Nein, überhaupt nicht. Es ist uns doch klar, dass man unseren Nachfolgern den notwendigen Raum geben muss, um eine neue Geschichte und ein neues Konzept zu präsentieren. Es wäre also falsch, jeden neuen Ansatz sogleich als Kritik an unserer Arbeit auszulegen. Wir wissen genau, was wir – auch im Bereich der Nachwuchsförderung – in den letzten neun Jahren erarbeitet haben.
Aber könnte es nicht sein, dass gerade aufgrund des grossen Erfolgs, den der FC Basel unter Ihrer Ägide hatte, das Basel-Gen ein bisschen abhandengekommen ist?
Das glaube ich nicht. Sicherlich habe ich diese Kritik auch schon einige Male gehört. Doch ich teile diese Wahrnehmung nicht. Gerade mit dem Projekt «Verein FC Basel 10 000» wollten wir zeigen, wie wichtig die emotionale Verankerung des Clubs ist. Der Einbau von Toptalenten in unsere Mannschaft war für uns auch wichtig. Er kann aber nur dann gelingen, wenn Toptalente auch vorhanden sind. Ein stures Strategieziel, bei dem man in jedem Jahr drei eigenen Spielern den internationalen Durchbruch ermöglichen würde, wäre absolut illusorisch. Wäre dies der Fall, würde in Basel das Gras anders wachsen als anderswo. Bereits vor fünf Jahren, als man in der Stadt über unsere Spieler Alex Frei, Benjamin Huggel, Marco Streller, Granit Xhaka und Xherdan Shaqiri nörgelte, betonte ich immer wieder, dass man eine solche Konstellation besser geniessen solle, als sie zu kritisieren. Sechs Basler in der Mannschaft zu haben, die Manchester United schlägt, ist gleich aussergewöhnlich wie zwei Schweizer Spitzentennisspieler, die imstande sind, ein Grand-Slam-Turnier zu gewinnen. Für mich war es ein absolutes Highlight unserer Zeit, als drei arrivierte Basler Spieler, die in der Bundesliga Furore gemacht hatten, zu uns zurückkehrten und wir gleichzeitig vier oder fünf «Eigengewächse» in die erste Mannschaft integrieren konnten. Ich wäre aber niemals so vermessen gewesen, dies als Ergebnis unserer Strategie abzufeiern. Dies war eine glückliche Konstellation, und wir waren schlau genug, sie zu nutzen – nicht mehr und nicht weniger. Ich bin froh, dass ich dies nicht erst heute, sondern schon damals sagte (lacht).
Bedauern Sie den Abgang von Trainer Urs Fischer, den Sie nach Basel geholt haben?
Genau zu dieser Frage möchte ich mich nicht äussern. Es entspricht wirklich meinem Credo, dass ich die Tätigkeit meiner Nachfolger in der Öffentlichkeit nicht kommentiere – weder im positiven noch im negativen Sinn. Schon ein Lob würde sich komisch anhören.
Der FC Basel hat auch schon andere Zeiten erlebt und war während einiger Jahre sogar in der Nationalliga B vertreten. Was haben Sie besser gemacht als Ihre Vorgänger?
Nichts. Ich kam 2003 zum FC Basel. Damals war Christian Gross Trainer, Gigi Oeri Vizepräsidentin und Mäzenin, und Werner Edelmann präsidierte den Club. 2006 wurde ich in einer schwierigen Phase zum Vizepräsidenten ernannt, weil ich es wagte, meine eigene Meinung zu sagen und durchzusetzen. Im damaligen Gremium ist mir das nicht übel genommen worden, wofür ich namentlich Frau Oeri dankbar bin. Es war in der Phase, als wir in vier Jahren nur einen einzigen Titel gewannen, während der FC Zürich dreimal Meister wurde. Darunter jenes legendäre Spiel, als der FCZ in der berühmten 93. Minute den Titel gewann und es anschliessend im Stadion zu handfesten Ausschreitungen kam. Der einschneidende Wechsel geschah mit der Übernahme der operativen Leitung im Jahr 2009. Jede Präsidentschaft hatte eine andere Aufgabe und andere Ziele. In den Neunzigerjahren ging es darum, den Club vor dem Sterben zu retten. Meine Aufgabe hingegen war es nach 2009, den FCB selbsttragend zu machen und sportlich und wirtschaftlich zu stabilisieren.
Was ist schwieriger?
Man soll dies nicht gegeneinander ausspielen. Man ist keineswegs der bessere Clubpräsident, wenn man mehr Titel als ein anderer gewinnt. Die Qualität eines Präsidenten misst sich nicht an seinen Titelgewinnen.
Der Blick hat geschrieben, Sie hätten keine Fehler gemacht …
(Lacht.) Was, der Blick hat das geschrieben? Selbstverständlich haben wir Fehler gemacht. Doch diese haben sich nicht nachhaltig negativ aufs Ganze ausgewirkt. Da wir uns immer als Führungsteam verstanden haben, hatten wir auch gemeinsam den Mut, diese rechtzeitig wieder zu korrigieren.
Was war ein typischer Fehler?
Die grössten Fehler, die man als Führungsperson machen kann, sind meistens Personal-entscheide, die sich als falsch erweisen. Ich würde es jetzt aber als unfair empfinden, einzelne hervorzuheben. Wir hatten auch einige Male das Gefühl, dass sich ein Spieler bei uns etablieren würde, was nicht der Fall war. Dann muss man aber den Mut haben, hinzustehen, und dem Spieler die Chance geben, den Club wieder zu verlassen. Dies im Wissen, dass es anschliessend grosse Schlagzeilen geben und einem ein solcher Meinungsumschwung vorgehalten werden könnte. Derartige Korrekturen sind nur möglich, wenn man als Team agiert. Mit einer Einmannführung ist es viel schwieriger, solche Entscheide zu korrigieren.
Viele Fussballclubs in der Schweiz sind finanziell angeschlagen, Ihnen hingegen geht es sehr gut. Das hängt aber sicherlich nicht nur damit zusammen,
dass Basel fussballbegeisterter ist als der Rest der Schweiz .
Wir müssen uns eines bewusst sein: Wenn man als Schweizer Club vorne mitspielen und auch international erfolgreich sein will, kann man seine Einnahmen nicht aus dem hiesigen Markt generieren. Dazu reichen die Gelder aus der Vermarktung, dem Ticketverkauf, dem TV oder dem Merchandising nicht aus. Dies war unsere Ausgangslage. Erst die internationalen Erfolge der ersten Mannschaft gaben uns die Möglichkeit, an die Geldtöpfe der Champions League und der Europa League heranzukommen. Daneben verdienten wir auch gutes Geld durch Spielertransfers. Ein Spieler, der gegen Chelsea drei Tore geschossen hat, wird international als viel wertvoller wahrgenommen als einer, der in der Schweizer Liga zwanzig Tore erzielt hat.
Wie sieht bei Ihnen das Verhältnis von Sponsoring und Zuschauereinnahmen aus?
Zwischen 8 und 10 Millionen Franken -nehmen wir aus dem Sponsoring ein, 15 bis 20 Millionen aus dem Ticketverkauf und
2 Millionen aus dem Fernsehgeschäft. Für das vergangene Jahr hatten wir rund 50 bis 55 Millionen Franken an Einnahmen budgetiert, am Ende erzielten wir dann einen Umsatz von 130 Millionen Franken. Dies verdanken wir der Champions League und den Transfers von Embolo und Elneny. Solche Einnahmen kann man nicht budgetieren. Die Einnahmenverdoppelung um fast die Hälfte zeigt auch die Volatilität des ganzen Geschäfts. Es ist mir vollkommen klar, dass es auch anders laufen kann. Wer glaubt, der Präsident des FC Basel könne im Lehnstuhl das Jahr geniessen, hat nichts von der Aufgabe und den wahren Herausforderungen verstanden.
Es gab immer wieder Stimmen, die behaupteten, der FC Basel müsse eigentlich in der Bundesliga spielen.
Nein, dies ist absolut unrealistisch und wäre aufgrund der UEFA-Bestimmungen gar nicht möglich. In der Bundesliga bestehen mittlerweile solche Gehaltsforderungen, dass man als Schweizer Club unmöglich mithalten kann. Nicht einmal in den hinteren Regionen. Zudem lässt sich das Merchandising in der Bundesliga überhaupt nicht mit dem unsrigen vergleichen. Ich glaube aber auch, dass unsere Fans nach ein, zwei Jahren wieder nach Spielen mit den Young Boys oder dem FC Zürich schreien würden.
Es wird für einen Club immer schwieriger, sich in der Champions League zu etablieren. Woran liegt das?
Die Champions League wird immer mehr zu einer weltweiten Clubmeisterschaft, die zwar in Europa stattfindet, sich aber zunehmend auch aus Geldquellen aus China, den USA oder dem Nahen Osten nährt. Nächstes Jahr sollen allein durch den Verkauf von Fernsehrechten drei Milliarden Franken hereingespült werden. Diese Gelder werden aber nur bezahlt, weil man Brands gegeneinander spielen sehen will. Diese Brands sind die Topclubs aus der englischen, der spanischen, der italienischen und der deutschen Liga – allesamt kleine Weltauswahlen, die keine einheimischen Spieler mehr vereinigen. Aufgrund dieser Entwicklung steigt das finanzielle und das spielerische Niveau der Liga extrem an, wodurch sich der Gap zwischen guten und sehr guten Clubs weiter verstärkt. Für einen Schweizer Verein ist und bleibt es schwierig, sich überhaupt zu qualifizieren. Immer grösser aber wird der sportliche Abstand zu den Grossen der Sternen-Liga, wenn man gegen sie antreten darf.
Was heisst das?
Die Denkidee einer Superliga existiert, einer geschlossenen Meisterschaft, in der ausschliesslich die Topclubs gegeneinander antreten würden, so wie wir es aus den USA kennen. Im aktuellen Modus, der ab 2018 gilt, ist der «Weg der Meister» für die Meister aller Nationen nach wie vor offen. Er macht die Teilnahme für einen Schweizer Club absolut möglich. Momentan vereinfacht der Modus sogar noch die Teilnahme für einen zweiten Schweizer Verein, weil der Zweitplatzierte in der Qualifikation nicht mehr gegen einen Club eines grossen Landes antreten muss. In der Vergangenheit sind YB oder der FCZ immer gegen einen Verein aus der Bundesliga oder der englischen Liga gescheitert. In Zukunft werden es holländische, belgische oder österreichische Clubs sein, die mit unserem Zweiten um die Nomina-tion kämpfen.
Wie geht es mit Ihnen weiter?
(Lacht.) Ich benötige sicher kein Sabbatical. Ansonsten lasse ich meine Zukunft noch offen.
Ihr Hauptjob ist Anwalt. Werden Sie in Ihren Beruf zurückkehren?
Nein, ich bin seit 2009 vollamtlicher FCB-Präsident, betreute daneben als Rechtskonsulent in einer Kanzlei einige Verwaltungsratsmandate. Dies wird sich in Zukunft nicht ändern, ich werde sicher nicht mehr in den Anwaltsberuf zurückkehren.
Die Präsidentschaft des FC St. Gallen wäre auch eine Option gewesen …
Das habe ich auch gelesen. Da ich aber seit meiner Kindheit mit dem FCB tief verbunden bin, kann ich nicht einfach von einem Tag auf den anderen mein Trikot wechseln. Das wäre nicht nur gegenüber unseren Fans, sondern auch gegenüber dem FC St. Gallen unfair. Ich werde sicherlich dem Fussball verbunden bleiben. Daneben geniesse ich es, wieder als normaler Fan in die Stadien gehen zu können.