06.02.2002

FELLOWS SCOTT, Creative Director/Februar 2002

Bally ist mitten im Turnaround. Nach Jahrzehnten von Markenmisswirtschaft hat Creative Director Scott Fellows die Aufgabe, aus Bally einen konsistenten Lifestylebrand aufzubauen. Denn die Investorin, die Texas Pacific Group, will Bally eines Tages mit Gewinn weiterverkaufen. Bevor Bally aber wieder einen attraktiven Wert hat, müssen drastische Veränderungen stattfinden. Fellows sagt im Interview mit “persönlich", wohin er Bally führen will. Interview: Oliver Prange

Warum sind Sie aus dem Kanton Solothurn, von Schönenwerd, ins Tessin umgezogen?

“Wir wollen Bally dorthin zurückbringen, wo es vor ein paar Jahren war, zurück zu einer Luxus-Positionierung. Um dies zu erreichen, muss man heute mehr machen, als einfach schöne Produkte anzubieten. Man muss einen Lifestyle kreieren, Träume, eine Vision. Und deshalb muss Bally ins Modebusiness. Die Modebranche aber ist im Wesentlichen auf Paris und Mailand konzentriert und etwas weniger auf New York und London. Um die Leute zu bekommen, die wir dazu brauchten, im Design und im Kommerz, mussten wir uns in die Nähe eines dieser Zentren bewegen. Für uns war es sinnvoller, in der Nähe von Mailand zu sein. Also gingen wir ins Tessin, weil wir hier schon eine Produktionsstätte hatten. Wir mussten nur noch die Hauptverwaltung neu bauen. Aber im Wesentlichen wollten wir in die Nähe von Mailand, und da Bally ein Schweizer Unternehmen ist und das auch bleiben soll, war es das Tessin. Hier in Caslano haben wir beides: die Nähe zu Mailand und den Sitz in der Schweiz.”

Sie bauen also Bally von einer Schuhfabrik zum Modeunternehmen um?

“Mehr als ein Modeunternehmen. Bally ist ein Lifestyleunternehmen. Dazu genügt es nicht, schöne Produkte zu haben. Zu Bally kam man bisher, um Schuhe von guter Qualität zu einem guten Preis zu kaufen. Das war schon in den letzten Jahren nicht mehr genug. Denn heute kann man wirklich gute, billige und schnelle Mode bekommen, die man für eine Saison trägt und dann wegschmeisst. Von Zara und H&M. Heute will der Konsument sehr modisch, sehr trendy sein, aber zu einem tiefen Preis. Das funktioniert für viele Dinge, T-Shirts, Alltagskleidung. Wenn man aber von Schuhen, von einer Tasche, von einem Jackett spricht, dann möchte man mehr Qualität, etwas Haltbareres, mit etwas mehr Stil. Luxus ist nicht mehr das, was er einmal war. Früher war es Luxus, 2000 Dollar für eine Tasche zu bezahlen. Heute kostet eine Tasche von Bally, Prada oder Gucci um die 500 Dollar. Die Idee, was Luxus sein soll, hat sich also geändert. Und auf diesem Feld muss Bally mitspielen. Das Produkt muss nicht nur ein bisschen besser, ein bisschen teurer sein, es muss mit einer Art Traum verknüpft werden.”

Das heisst, Sie mussten praktisch ein neues Unternehmen gründen, denn Bally war bisher nicht eben als Lifestyleunternehmen bekannt.

“In gewisser Weise war es tatsächlich wie eine Neugründung. Aber: Wir hatten alle Lifestyleelemente bereits im Hause, und diese haben wir für die heutige Zeit relevant gemacht. Wir kreieren Lifestyle und machen das heute sichtbarer, als es Bally in der Vergangenheit tat. Aber die Elemente dafür waren alle schon da. Bally stand für einen Lifestyle, den man früher vielleicht nicht richtig rüberbrachte. Aber er war da, schliesslich hat Bally eine 150-jährige Geschichte.”


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