29.08.2007

GLAUS BRUNO, Rechtsanwalt/September 2007

Juristische Fallstricke: Seit 1997 schreibt der St. Galler Medienjurist Bruno Glaus in “persönlich” über rechtliche Fallstricke in der Kommunikationsbranche. Sein Fazit ist ernüchternd: In den letzten zehn Jahren sind die Spielräume für Agenturen und Kreative, aber auch für Journalisten immer kleiner geworden. Im ersten Teil des “persönlich”-Gesprächs beleuchtet Glaus, warum heute eine Bezeichnung wie “Olympiade 2006” bereits juristische Konsequenzen nach sich ziehen kann.

Herr Glaus, Sie kommentieren seit 1997 in “persönlich” das Kommunikationsrecht. Inwiefern hat sich dieses für die Werber verändert?

“Sehr stark. Im Bereich der kommerziellen Kommunikation, insbesondere in der Werbung, dominieren drei Tendenzen: Erstens gibt es unter dem Titel ‘Konsumentenschutz’ eine Regelungsdichte, welche in einzelnen Branchen gestalterisch gute Werbung praktisch verunmöglicht. So ist eine Werbeagentur bei jedem Leasinginserat mit Zinsbezifferung gezwungen, in kleingedruckten Fusszeilen mit einem Beispiel den gesetzlichen Vorschriften Nachachtung zu verschaffen – mit der Folge, das kleingedruckte Fussnoten-Blöcke eingefügt werden müssen, was nicht nur zur Verunstaltung des Inserats, sondern wenig zur Aufklärung der Konsumenten beiträgt. In der Radiowerbung kann man diese Vorschrift gar nicht einhalten, weil es zu unsäglich langen Spots führen würde. Das führt faktisch zu einer Diskriminierung eines Mediums. Eine zweite Tendenz betrifft eine zunehmend grössere Rechtsunsicherheit, weil mit sogenannt ‘unbestimmten Rechtsbegriffen’ operiert wird. Ein kleines Beispiel: Product-Placement ist dann unzulässig, wenn es eine ‘Schleich-Werbewirkung’ hat. Wer soll nun im Einzelfall abschliessend bestimmen, wo der Werbeeffekt gerade noch zulässig und wo er unzulässig ist?”

Das heisst, Product-Placement darf man nur noch aus karitativen Motiven machen ...?

“Auf das Motiv kommt es nicht an, sondern auf die Wirkung in der Umsetzung. Integriertes Product-Placement ohne Werbewirkung ist zulässig – auch gegen Entgelt. PP mit Werbewirkung ist verboten. Vorbehalten bleibt das deklarierte Sponsoring von Sendungen. Ich habe dazu im ‘persönlich’ November 2006 die ganze Problematik dargelegt.”

Und die dritte Tendenz?

“Ich stelle fest, dass die Werbebranche häufiger als früher auf bereits Bestehendes zurückgreift, zitiert, appropriiert, sich anlehnt an Bekanntem, den Ruf eines andern ausbeutet, bisweilen ist es raffiniertes Spiel, bisweilen aber auch plumpes Trittbrettfahren. Das sind heikle Grenzwanderungen – auch juristisch, weil die Verwertungsgesellschaften das Zitatrecht auf das Wortzitat beschränkt haben wollen.”


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