07.01.2009

HOESLI ERIC/Dezember 2008

Krisenresistent: Im Westschweizer Medienkonzern Edipresse kommt es zu Veränderungen auf Direktions-ebene. Anfang 2009 werden die Redaktionen aller Schweizer Edipresse-Titel einem publizistischen Direktor (Directeur éditorial) unterstellt. Diese neue Funktion übernimmt der ehemalige L’Hebdo- und Le-Temps-Chefredaktor Eric Hoesli. Doch Hoeslis Horizont liegt nicht nur zwischen Genfer- und Neuenburgersee: International hat er sich vor allem als Russland-Experte einen Namen gemacht.

Herr Hoesli, Sie sind bei Edipresse neuer publizistischer Leiter für alle Zeitungen und Zeitschriften. Verstehen Sie sich als welscher Frank A. Meyer?

(Lächelt.)“Nein, ich verstehe mich überhaupt nicht als Guru! Ich bin aber überzeugt, dass ein Verleger sich heute mehr denn je um die inhaltliche Qualität seiner Zeitungen und Zeitschriften kümmern muss. Dabei geht es nicht darum, den Chefredaktoren im Alltagsgeschäft reinzureden. Auf keinen Fall! Die Aufgabe des Verlegers ist es vielmehr, die Chefredaktoren zu coachen, ihnen zu helfen, Innovationen anzupacken, neue Ideen aufzugleisen, auch neue Kooperationsmöglichkeiten zu prüfen. Die heutigen Umstände fordern von uns grösste Flexibilität, wir müssen den Markt ständig im Auge behalten und rechtzeitig reagieren können. Die Zeit, in der wir leben, fordert auch eine intensivere Auseinandersetzung mit ethischen Fragen, mit Werten, mit Visionen. Wenn die Chefredaktoren in ihren täglichen Aufgaben fast untergehen, muss der Verleger ihnen beistehen, als Komplize und Gesprächspartner, diskutieren und streiten, wenn es nötig ist.”

Sie sind ab Januar Chef eines publizistischen Direk-tions-Trios, mit Madeleine von Holzen und Peter Rothenbühler als Ihre Stellvertreter. Ist dies in den heutigen Zeiten nicht ein überflüssiger Luxus?

“Im Gegenteil, der Markt, die Leser, die harte Konkurrenz und jetzt noch die schwierige Konjunktur, alles zwingt uns, die Qualität unserer Blätter und Internetauftritte zu überprüfen und zu verbessern. Diese Anpassungen müssen jetzt schnell in Angriff genommen werden. Ich bin überzeugt, dass in der heutigen Situation jeder Titel neu überdacht werden muss. Unser Ziel ist es, die Chefredaktoren, die mit der alltäglichen Produktion schon genügend ausgelastet sind, vor allem in dieser konzeptionellen Arbeit zu unterstützen. Dabei gilt, die Kräfte richtig einzuteilen. Dieses Direktions-Trio hat ganz unterschiedliche Stärken, die sich bestens ergänzen: Madeleine von Holzen kennt sich im Internetbereich aus, Peter Rothenbühler im Layout, im Magazin- und People-Journalismus und ich im Informationsbereich.”

Aber können Sie in dieser Position die Fähigkeiten Rothenbühlers auch effizient nutzen?

“Peter Rothenbühler wird von allen Kollegen geschätzt und bewundert. Er schreibt und denkt auf Französisch wie auf Deutsch. Er kennt alle Tricks der Profession und ist damit ein fantastischer Blattmacher. Das Publikum sieht in ihm oft einfach den Boulevard-Spezialisten. Das ist er sicher auch. Ich erinnere mich aber noch gut an seine freundlichen Ratschläge, als ich Le Temps konzipierte. Immer ‘to the point’. Es tat mir später nur leid, dass ich nicht noch mehr von Peters Ratschlägen befolgt habe! Ich freue mich sehr, wieder eng mit ihm und Madeleine von Holzen zu arbeiten.”


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