Herr Jaeger, momentan kauft sich sehr viel Geld aus Asien und Nahost in unsere Unternehmen ein. Was ist hier im Gange?
Das ist grundsätzlich gar nichts Neues. Früher war Japan ein Finanz-Hub. Man sagte, Japan sei der Financier, China der Produzent und Indien der Dienstleister. Jetzt zeigt sich, dass es etwas komplizierter ist. Überall in Asien hat sich Liquidität aufgestaut. Das schafft die Möglichkeit, unglaublich grosse Fonds zu errichten, auch Staatsfonds. Die vorhandenen Finanzmittel sind so gewaltig, dass man nicht alles in den eigenen Ländern investieren kann. Also suchen sie andere Anlagemöglichkeiten. Sehr lange war das Amerika. Allein China besitzt heute gegen eine Billion Dollar-Assets, besonders in Staats-Ob--- ligationen und Trea-sury Bills. Auch Japan hat immer wieder mitgeholfen, amerikanische Defizite zu finanzieren. Denn Amerika ist eine Volkswirtschaft, die schon immer einen hohen Verschuldungsgrad hatte sowohl im Staatshaushalt als auch bei den Unternehmen und den privaten Haushalten. Japan und China haben sich stets an der Finanzierung beteiligt. Nun aber sehen sie ein Klumpenrisiko auf sich zukommen und versuchen zu diversifizieren. Ähnlich halten es die Emirate. Jetzt haben sie Europa entdeckt, und auch Südamerika. Hier tätigen sie auch Direktinvestitionen. Das kann, wie im Falle der UBS, eine willkommene Stütze sein. Vor allem, weil die das als reines Finanzinvestment betrachten und gar nicht mitbestimmen wollen im Moment jedenfalls nicht. Sie erwarten eine gewisse Rendite, aber sie wollen nicht unternehmerisch tätig sein.
Die Asiaten suchen also Anlagemöglichkeiten. Steckt dahinter nicht doch ein Masterplan, sich in der westlichen Welt zunehmende Dominanz zu verschaffen?
Das sind James-Bond-Fantasien. Bei internationalen Verflechtungen gibt es immer auch Gegenverpflichtungen. Wenn China viel in den USA investiert, gibt es natürlich eine gewisse Abhängigkeit. Umgekehrt haben die Chinesen unter anderem so viele Dollars zur Verfügung, weil sie einen grossen Handelsbilanzüberschuss haben. China ist als Exporteur auf die Amerikaner angewiesen. Die Verflechtungen sind also gegenseitig. Insgesamt entsteht ein System, in dem alles global miteinander verflochten ist. Und das ist auch eine Garantie für eine gewisse geopolitische Stabilität.
Liegt in einer so engen Verflechtung nicht auch die Gefahr, dass sich jede Krise sofort weltweit auswirkt, wie wir es jetzt gerade mit der Subprime-Krise erleben?
Das müsste nicht so sein. Wenn diese Verflechtungen wirklich auf alle Mitspieler verteilt sind, wirkt das stabilisierend. Es geht also um die Diversifikation. Die asiatischen Staaten haben gemerkt, dass es eine diversifizierte Verflechtung braucht, weil es sonst zu Klumpenrisiken kommt. Wenn die Verflechtung einmal wirklich diversifiziert ist, ist es kein grosses Problem mehr, wenn in Amerika eine Rezession kommt oder eine Subprime-Krise. Dann kann doch zum Beispiel Indien mit seinem riesigen Binnenmarkt nicht sehr viel passieren. Die Diversifikation ist also sehr wichtig, und sie ist im Gang.
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