23.01.2008

KELLER WALTER, Chefredaktor Du/Januar/Februar 2008

Neustart: Anfang Februar erscheint die erste Ausgabe des neu konzeptionierten “Du”. Neuer Verleger der traditionsreichen Kulturzeitschrift ist “persönlich”-Verleger Oliver Prange. Aber auch der neue Du-Chefredaktor ist kein Unbekannter: Der Zürcher Walter Keller hat sich in der Kulturbranche als Scalo-Verleger, als Initiant des Winterthurer Fotomuseums und als Herausgeber verschiedener Bestseller wie “Dumm und dick” einen Namen gemacht.

Walter Keller, Sie sind neuer Chefredaktor der Kulturzeitschrift Du. Warum gehen Sie dieses Wagnis ein?

“Ich habe den Job angenommen, weil es um das Du geht. Ich hätte kaum bei einem anderen, auch keinem anderen kulturpublizistischen, Medium zugesagt. Die Geschichte von Du ist erstaunlich und fasziniert mich so, dass ich gar nicht Nein sagen konnte.”

Ist dies nicht gar idealistisch?

“Überhaupt nicht. Du war über lange Zeit ein Leitmedium für viele Leute, die nicht hauptberuflich im Kulturbereich tätig waren. Doch in den letzten drei Jahrzehnten folgte ein Zerfall der Du-spezifischen Kulturberichterstattung. Nachdem Chefredaktor Dieter Bachmann den Sessel geräumt hatte, wurde die Redaktion immer wieder neu zusammengestellt. Du kam zur Tamedia, dann zum Niggli Verlag, bevor es schliesslich vom ‘persönlich’-Verleger Oliver Prange übernommen wurde. Ein solcher mehrmaliger Verlags- und Redaktionswechsel würde jede andere Marke zerstören. Dies ist beim Du aber erstaunlicherweise nicht geschehen. Die Zeitschrift kam zwar ins Wanken, hat aber überlebt, und sei es nur aus kulturpolitischer Verantwortung der jeweiligen Verleger. Deshalb denke ich, dass Du mehr als nur eine Zeitschrift ist. Es ist quasi zur Institution geworden und hat auch in schwierigen Zeiten nichts von seiner Strahlkraft und Sexiness verloren. Das beeindruckt mich.”

Sie sprechen den “Zerfall der Du-spezifischen Kulturberichterstattung” an. Wie muss man das verstehen?

“Der Begriff ‘Kultur’ hat sich in den letzten 30 Jahren radikal verändert. Illustrieren lässt sich das am besten anhand einer Anekdote. Am Anfang meiner Tätigkeit, als ich noch als Lehrbeauftragter an der Uni Zürich, als freier Mitarbeiter beim Schweizer Radio arbeitete und die Zeitschrift ‘Der Alltag’ herausgab, traf ich an einer Veranstaltung einen Banker. Dieser erkundigte sich nach meinem Beruf, worauf ich antwortete, ich sei im Kulturbereich tätig. Darauf meinte er nur mitleidig, dies sei doch eher ein Beruf für Frauen. Noch 1982 wollte kaum jemand in der Kultur arbeiten. Dies ist heute komplett anders. Der Beruf des Kulturschaffenden wird ernst genommen, weil sich auch unser Verhältnis gegenüber der Kultur verändert hat. Es geht heute nicht mehr nur um ein Kulturgut, das in der Freizeit konsumiert wird. Kultur und alles damit Verbundene ist zu einem eigentlichen Wirtschaftsfaktor geworden. Früher fand man kaum Räume, heute werden den Kulturschaffenden fast zu viele Industrieruinen zugetragen. Parallel zu den steigenden kulturellen Aktivitäten wie freie Tanz- und Ballettszene, Theater etc. haben die Kulturberichterstattung und die Kulturreflexion in den Medien massiv zugenommen …”


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