Herr Loeb, Sie sind seit zweieinhalb Jahren Chef der grössten Schweizer Werbeagentur. Was bereitet Ihnen momentan am meisten Bauchweh?
"Unsere Branche befindet sich in einem riesigen Umbruch, wobei aber niemand weiss, wohin der Weg führt. Das Geschäftsmodell, mit welchem wir bis anhin arbeiteten, ist nicht mehr zukunftstauglich. Doch dies ist nicht nur ein Problem von Publicis, sondern der ganzen Branche. Bis jetzt konnten wir aus einer beschränkten Anzahl von Medien und einer beschränkten Anzahl von Instrumenten auswählen. Unsere Honorarmodelle wurden von allen Parteien akzeptiert. Heute herrscht eine grosse Verunsicherung. Die Kunden wissen nicht mehr, ob sie ihr Geld überhaupt noch in klassische Werbung investieren oder ob sie nach neuen Wegen suchen sollen. Diesbezüglich entsteht ein Missverständnis. Die Frage, die wir Agenturen in dieser Situation stellen müssen, lautet: Was ist richtig, und wie kommuniziert man im konkreten Fall am besten mit den Kunden?"
Ist die klassische Printwerbung tot?
"Nein, aber wenn das Vertrauen in die klassische Werbung verloren geht, dann ist dies für uns Agenturen existenziell. Wenn man ein massentaugliches Produkt, wie beispielsweise McDonald's hat, ist Massenwerbung nach wie vor am effizientesten. Es gibt aber Fälle, in denen man die Individualität einer Marke und ihre besondere Beziehung zu den Konsumenten hervorheben muss, weil sie sonst zu austauschbar ist und man sie nicht mehr von anderen unterscheiden kann. In diesem Fall muss man die Werbung bis auf eine individuelle Ebene hinunterbrechen."
Zweifeln Sie manchmal an der Wirkung einer Kampagne, wenn Sie als Werber ein bestimmtes Plakat oder Inserat verkaufen?
"Ich verkaufe nur ein Produkt, wenn ich wirklich daran glaube. Aber es stimmt, dass wir heute viel mehr darüber diskutieren, ob man mit einer bestimmten Strategie sein Ziel erreicht. Kommt man zum Schluss, dass dies nicht der Fall ist, wird alles viel komplizierter, und man benötigt einen viel grösseren Aufwand, um zu einem erfolgreichen Abschluss zu kommen."
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