Herr Professor, was haben Sie eigentlich erfunden?
In der Biologie kann man nichts erfinden. Ich wollte einen Beitrag zur Reduktion des Vitamin-A-Mangels leisten. Wir wollten die wichtigste Nahrungspflanze der Armen, den Reis, so verändern, dass er Provitamin A produziert, was normaler Reis nicht tut. Unser Körper wandelt dann Provitamin A in Vitamin A um. Arme Menschen, die sich fast ausschliesslich von Reis ernähren, leiden unter Vitamin-A-Mangel mit ernsthaften medizinischen Konsequenzen bis zu Blindheit oder Tod. Als wir 1990 mit diesem Projekt anfingen, waren unsere Kollegen überzeugt, dass das zu kompliziert sei. Nach zehn Jahren ist es uns dann doch gelungen. Mit Professor Peter Beyer von der Universität Freiburg hatte und habe ich einen entscheidenden Partner. Nun haben wir den Golden Rice, der so viel Provitamin A enthält, dass Menschen, die sich nur von Reis ernähren, weil sie arm sind, nicht unter Vitamin-A-Mangel leiden müssten.
Ihre Forschung war also erfolgreich. Und wie ging es dann weiter?
Wir waren bereits 1999 erfolgreich, und wir sind immer noch nicht am Ziel. Denn wir sprechen hier über eine transgene Pflanze, über GM-Nahrungsmittel, und diese werden in unserer Gesellschaft als gefährlich betrachtet. Dabei gibt es Tausende von Publikationen, die nachweisen, dass das ganz normale Pflanzen sind, vor denen man keine Angst haben muss. Zwei Monate nach unserem wissenschaftlichen Durchbruch musste ich in Pension gehen. Denn an der ETH hört man auf zu arbeiten, wenn das Semester vorbei ist, in dem man 65 wurde. Also konnte ich die Infrastruktur und die ganzen Möglichkeiten, die ich als ETH-Professor hatte, nicht mehr einsetzen. Ein weiteres grosses Problem: Man bekommt im öffentlichen Bereich zwar Geld für die Grundlagenforschung; wenn es aber darum geht, die Ergebnisse in etwas Praktisches umzusetzen, fehlt das Geld.
Aber was passiert dann? Es müsste doch einen Übergang geben?
In der Regel enden die meisten wissenschaftlichen Entdeckungen in einer finanziellen Sackgasse und werden nicht weiterverfolgt. Gute Chancen haben nur Entdeckungen, die für die Pharmazie, die Medizin oder die Industrie allgemein interessant sind. Da gibt es eingefahrene Mechanismen, die dafür sorgen, dass solche Entdeckungen zur Produktreife weiterbearbeitet werden. Aber wenn man wie wir ein humanitäres Projekt verfolgt, gibt es nur sehr eingeschränkte finanzielle Möglichkeiten, und gar keine, wenn Gentechnik im Spiel ist.