Sie beraten gefallene CEOs. Wie haben Sie diese Marktlücke entdeckt?
Durch die Häufigkeit der Fälle. Noch vor einem guten Jahrzehnt verlief der Wechsel an der Unternehmensspitze normal. Der CEO trat freiwillig oder altershalber zurück und sein Nachfolger wurde automatisch eingearbeitet. Eine amerikanische Studie zeigt, dass die heutigen Unternehmensführer durchschnittlich nur noch zwei Jahre im Amt sind, bevor sie wieder weggehen. Das hat Konsequenzen auf den Führungsstil. Wer als Chef ständig mit der möglichen Entlassung rechnen muss, verhält sich anders, als wenn er sich langfristig sicher im Sattel fühlt. Das Bild des CEOs nach aussen hat sich gewandelt. Die vielen Wirtschaftsskandale rückten die Manager in ein schlechtes Licht. Das Medien- und Öffentlichkeitsinteresse richtet sich nun verstärkt auf einzelne Personen und weniger auf deren Firmen. Wird ein CEO entlassen, gibt es drei Möglichkeiten. Er verschwindet in der Versenkung, er wechselt die Firma, um erneut in die Führungsetage aufzusteigen, oder er macht etwas vollkommen Neues. Es ist kein Versagen, entlassen zu werden. Vielleicht war nur diese Arbeitsstelle die falsche. In langen Gesprächen suchen wir nach einer geeigneten Lösung.
Dann verstehen Sie sich als deren Psychologe oder Psychiater?
Nein, überhaupt nicht! Ich verfüge nicht über die entsprechende Ausbildung. Ein Psychiater wäre auch der falsche Ansprechpartner. Ein entlassener CEO ist nicht krank, aber in der Regel angeschlagen. Er hat nur seinen Job verloren und das Bedürfnis, darüber zu sprechen. Durch den Abgang wird ihm das ganze Fundament entzogen. Ich bin vor einigen Jahren auch in diese Situation geraten. Dadurch realisierte ich, dass es bisher keine Anlaufstelle für entlassene Topmanager gab.
Was passiert dann konkret, wenn man seinen Job verliert?
Für jeden Manager ist der Verlust seines Jobs, freiwillig oder nicht, ein Schock, auch wenn dieser oft nicht ganz überraschend kommt. Plötzlich ist die Agenda leer, man braucht nicht mehr aufzustehen, und die gesamte Infrastruktur kommt einem abhanden. Es dauert Wochen bis Monate, bis man überhaupt realisiert, was passiert ist. Auch das Umfeld behandelt einen wie einen Aussätzigen. Bekannte wechseln plötzlich die Strassenseite, wenn sie einem begegnen. Dies ist aber in der Regel keine Arroganz, sondern reine Unsicherheit. Wie bei einem Trauerfall braucht es auch seine Zeit, um das Ganze zu verarbeiten. Unsere Universitätskliniken sind gefüllt mit Managern, die unter Erschöpfungsdepressionen leiden. Nach dem ersten Schock beginnt man das Ganze zu verarbeiten und kommt dabei oftmals zum Schluss, dass der Wechsel auch seine guten Seiten hat.
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