05.06.2001

ROHNER URS, Chef von ProSiebenSat.1, Juni 2001

In der Schweiz fahren die privaten Fernsehsender riesige Verluste ein und kämpfen ums nackte Überleben. Der Schweizer Urs Rohner, Chef des deutschen Fernseh-Giganten ProSiebenSat.1, sagt im "persönlich”-Interview, wie er sich ein Fernsehen in der Schweiz vorstellen könnte, wie er die Fusion von ProSieben und Sat.1 durchzog, wie sein Verhältnis zu Leo Kirch ist und wie er mit dem Nachrichtensender N24 auch Schweizer interssieren will. Interview: Oliver Prange

Sie haben schon früher gesagt, Privatfernsehen in der Schweiz könne kein rentables Geschäft sein. Jetzt hat Ihre Aussage Aktualität erhalten. Wie beurteilen Sie grundsätzlich die Situation?

"Für das Privatfernsehen ist die Schweiz ein schwieriges Pflaster. Wie man hört, fahren Tele 24/TeleZüri, TeleBärn und TeleM1/Tele Tell ganz beträchtliche Verluste ein. Man weiss, dass auch TV3 große Anlaufkosten hat und der bisherige Partner SBS offenbar ausscheiden will. Die Umsatzerlöse, um einen Privatsender rentabel betreiben zu können, sind in der Schweiz praktisch nicht zu erreichen. Ich habe schon früher immer wieder betont, dafür brauche es mindestens 100, wenn nicht sogar 120 Millionen Franken pro Jahr. Solche Summen sind aus dem Schweizer Werbemarkt mit grosser Wahrscheinlichkeit nicht herauszuholen.”

Worauf basieren diese Zahlen? Eine Rolle spielt doch sicher auch, welche Art Fernsehen man betreibt.

"Natürlich kann man auch mit 20 Millionen Franken oder weniger im Jahr Fernsehen machen. Das kann bei Spartensendern, die einen Grossraum abdecken, wie zum Beispiel TeleZüri, durchaus funktionieren. Man muss dann mit VJs und geringem Overhead arbeiten. Damit wird man zwar nicht reich, aber man kann vermutlich in etwa eine schwarze Null schreiben.”

Demzufolge sind Ihrer Meinung nach Privatsender mit Vollprogramm in der Schweiz nicht finanzierbar?

"Ein Vollprogramm ist meiner Meinung nach tatsächlich nur schwer zu refinanzieren. Das ist kein Wunder, denn gewisse Grundangebote sind für ein Vollprogramm unerlässlich, News zum Beispiel, Lizenzprogramme, aber auch ein wirklicher USP, der den Sender von der SRG oder von deutschen Sendern deutlich abhebt. Bis heute hat mir noch kein Schweizer Privatsender überzeugend vermitteln können, was sein USP ist. In gewisser Weise kann vielleicht Big Brother in Mundart oder Robinson auf Züridütsch ein USP sein. Das sind zweifelsohne Programmformate, mit denen man viele Zuschauer in der Primetime holt. Aber es sind auch sehr teure Programme, die mit Sicherheit negative Deckungsbeiträge haben. Ich weiss, wie viel in Deutschland Big Brother oder Inselduell kosten. Solche Sendungen werden nicht billiger, nur weil Züridütsch gesprochen wird. Und einfach ein kleinerer Container ergibt noch keine grösseren Kosteneinsparungen. Man kann und muss davon ausgehen, dass solche Programme in der Schweiz fast genauso viel kosten wie in Deutschland.”


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