Peter Uebersax, in den letzten Wochen hat uns die Flutkatastrophe in Südostasien stark beschäftigt. Wie hätten Sie als Blick-Chefredaktor darüber berichtet?
Genau gleich. Es gibt weltweit keine Unterschiede in der Berichterstattung über ein solches Ereignis. Auch diejenige von Blick und Tages-Anzeiger ist genau gleich, ausser, dass Blick verstärkt Bilder einsetzt, die ganze Sache fernsehmässiger inszeniert und Blick-like Nebenaspekte bringt wie etwa den dicken, Bier trinkenden Schweizer Touristen am Todesstrand.
Hat sich denn der Tages-Anzeiger in den letzten Jahren gewandelt, oder liegt es an der Art der Katastrophe?
Als gelernter News-Journalist weiss ich, dass es nur eine Art gibt, um über eine solche Katastrophe zu berichten. Beide Redaktionen haben sich an die etablierten Regeln gehalten. Ihre Frage müsste man anders formulieren: Warum hat der Tages-Anzeiger nicht schon früher auf diese Art berichtet?
Aber gibt es in der Berichterstattung nicht auch gewisse moralische Grenzen? Welt-Chefredaktor Roger Köppel verzichtete in seiner Zeitung auf den Abdruck von Leichenbildern.
Das ist die einzige mir bekannte Aussage von Roger Köppel, die ich für völlig falsch halte. Obwohl ich Köppel für den besten Schweizer Chefredaktor halte, spüre ich in diesem Punkt ein fehlgeleitetes idealistisches Engagement. Man kann nicht über eine Flutkatastrophe berichten, bei der Tausende ihr Leben verlieren, ohne das Geschehene im Bild zu zeigen. Erst die Publikation dieser Bilder in Presse und Fernsehen hat die Menschen richtig aufgerüttelt und die grosse Spendenwelle hervorgerufen.
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