Welches ist die haarsträubendste Geschichte, die Du erlebt hast?
"In den Jahren 1984, 85 und 86 war ich im Iran unterwegs. Ich versuchte, eine Geschichte über die islamische Revolution zu machen. Ich wollte aber nicht ins gleiche Fahrwasser geraten wie die westlichen Medien und über das böse Iran berichten, sondern das Land wirklich ergründen. Ich besuchte deshalb Kolchosen auf dem Land, das war sehr schwierig, ich geriet völlig in Stress. Nichts ging, wie es sollte, dabei hatte ich ein Visum nur für einen Monat. Ich kam dann nach Chemaran, wo der damalige Schah wohnte, es war Nacht, etwa zwei Uhr. Da kam mir auf der gegenüberliegenden Strassenseite ein Motorrad entgegen. Darauf sassen zwei Soldaten. Ich ahnte sofort, dass es gefährlich werden würde. Ich hörte, wie sie hinter mir kehrten, langsam anfuhren, dann Gas gaben. Ich hechtete im Affekt hinter ein Auto, das am Strassenrand parkiert war. Ich hörte, wie die Kugeln ins Auto einschlugen, und malte mir aus, was geschehen würde, wenn sie anhalten und von ihren Motorrädern absteigen würden. Aber sie fuhren weiter. Solche Krisensituationen habe ich mehrmals erlebt. In Beirut kam ich einmal unter Beschuss durch zwölf Zentimeter-Haubitzen. Man vernimmt das Pfeifen, man weiss, die Geschosse kommen auf einen zu entweder man hört sie dann irgendwo einschlagen, dann ist es gut, oder man hört sie nicht mehr, dann hat man Pech gehabt.
Wie fühlt man sich danach?
"Ich habe zwei Wochen lang nur gelacht und gegrinst, ich war völlig blödsinnig gaga. Man kann dann nicht ins Kaufleuten zum Essen, weil man nicht mehr kommunikationsfähig ist. Ich muss dann allein sein.
Erzähl Deine skurrilste Geschichte.
"Ich war im Restaurant Kreis 6 zum Essen, da kam mir die Idee: Ich wohnte damals, Mitte der achtziger Jahre, in der Nähe, an der Ottikerstrasse, in einem Haus, das als Casa Mireille bekannt wurde. Ich schwatzte oft mit der Dame und wusste daher, dass sie ihre Sado-Maso-Freier auf die Dachterrasse mitnahm, sie dort in Pferdegeschirr verpackte und auf ihre eigene Art und Weise züchtigte. Mireille hatte den Dachboden mit einem dieser kitschigen Kunstrasenflächen belegt, der in den Himmel leuchtete. Ich mietete also einen Heli, damit ich die Auspeitschung von oben vor dem Hintergrund des Zürichbergs fotografieren konnte. Von weitem schon sah ich den leuchtenden Kunstrasen, doch keine Mireille. Wir flogen mehrere Runden, doch Mireille war nicht da. Der Pilot aber wurde immer nervöser und bangte um seine Lizenz, weil er keine Bewilligung für den Flug erhalten hatte, also kehrten wir zurück zum Flughafen. Ich ging also zum Telefon und beschwerte mich bei Mireille. Sie sagte, sie sei doch aber gerade erst oben gewesen und ein Heli habe auch über ihr gekreist. Es war aber nicht unser Heli, sondern derjenige der Rega gewesen. Das Haus lag nämlich in der Einflugschneise zum Kinderspital.
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