Wie schätzen Sie die Entwicklung in den Schweizer Medien ein?
"Ich glaube, dass sich im grossen Ganzen sieben Zeitungsgebiete bilden werden, in wel-chen es je eine grossregionale Tageszeitung mit Kopfblättern und Splitausgaben gibt. Als wir 1979 mit der Berner Zeitung starteten, hatten wir durch den Zusammenschluss eine Auflage von 117'000 Exemplaren. Die Zeitungen im Aargau, in der Innerschweiz und in der Ostschweiz hatten alle nur Auflagen zwischen ungefähr 30'000 bis 60'000 Exempla-ren. Doch jetzt haben die Zeitungen fusioniert, und wir gehören mit unseren 135'000 Ex-emplaren nur noch unter ferner liefen'. Wir müssen nun eine Vorwärtsstrategie betrei-ben, um weiterhin die nationalen Kampagnen und die Stellen zu bekommen, von welchen wir uns finanzieren. Die Vorwärtsstrategie gilt für den deutschsprachigen Espace Mittel-land. Dazu gehören das Berner Oberland, Biel, Solothurn und Deutsch-Freiburg."
Hat die Berner Zeitung nicht den falschen Namen? Hätte sie einen Namen, der nicht geo-grafisch ausgelegt ist, könnte man diese Zeitung über das gesamte Mittelland ausdehnen?
"Das spielt keine Rolle. Wir arbeiten mit Split-Ausgaben, das heisst; die Zeitungspartner behalten ihre Titel. Ich bezeichne das System, wie wir es im Berner Oberland verwirklicht haben, als seiner Zeit voraus. Es wurde in der Öffentlichkeit kaum verstanden. Es ist näm-lich nicht einfach ein Kopfblattsystem, sondern hat wesentliche Innovationen: So bleiben Thuner Tagblatt und Berner Oberländer als Zeitungstitel bestehen, und sie behalten für ihren Regionalteil der Zeitung ihre volle publizistische Autonomie mit eigener unabhän-giger Chefredaktion. Sie bestimmen auch, was auf die Front der Zeitung kommt."
Wie funktioniert das Modell auf der Verlagsseite?
"Im Kopfblattsystem erhält die Gesamtausgabe die nationalen Inserate und die Stellen, das hat auch die NZZ dem Berner Oberland vorgeschlagen, das kann für sie aber zu we-nig interessant sein. Wir gehen davon aus, dass das Thuner Tagblatt und der Berner Ober-länder auch aus den nationalen Inseraten und Stellen etwas bekommen müssen, damit sie eine gute Zeitung herstellen können. Deshalb verteilen wir dieses Geld nach einem aus-geklügelten Schlüssel. Die Auflage der Gesamtausgabe erhöht sich von 135'000 auf 172'000 Exemplare. Dies bringt beim nationalen Inserat wegen der Mitwirkung des Ber-ner Oberlandes mehr Werbegeld, das doch wieder dorthin fliessen soll."
Die BTM-Gruppe hat an der neuen Berner Oberland Medien AG einen Anteil von 24 Prozent. Ist ein Zukauf für die Mehrheit vorgesehen?
"Das ist nicht ganz so. Wir haben eine 49 Prozent-Beteiligung an der Schaer Thun AG, welche wiederum 50 Prozent an der Berner Oberland Medien AG (BOM) hält. Die ande-ren 50 Prozent hält die Firma G. Maurer AG, die bis anhin den Berner Oberländer und das Oberländische Volksblatt herausgegeben hat. Unser Einfluss an der BOM ergibt rechnerisch nur 24.4 Prozent. Aber die BTM ist in der BOM nicht vertreten. Es gibt sechs Oberländer Persönlichkeiten im Verwaltungsrat. Präsident der neuen Berner Oberland Medien AG soll Peter Maurer, Delegierter Konrad Maurer und Chefredaktor René Gygax werden."
In den Medienberichten über Sie werden Sie als Patron dargestellt, der die Fäden der Macht in Händen hält. Stimmt diese Einschätzung?
"Nein. Weil ich nicht gerne oder nur ausnahmsweise an die Öffentlichkeit gehe, kriegt man dieses Cliché. Damit kann ich leben, es stört mich nicht." Warum bleibt diese Meinung so hartnäckig bestehen? "Da ist viel Neid mit dabei. Ist man mit einer Firma erfolgreich, ist das bei uns in der Schweiz die Reaktion. Das ist nicht wie in Amerika, wo man für den Erfolg mit Applaus bedacht wird. Das hat mit unserer schweizerischen und besonders bernischen Mentalität zu tun."
Warum sollte man auf Sie neidisch sein?
Sie verfügen bei der BTM-Gruppe nur über 22 Prozent der Aktien, nicht über die Mehrheit. "Ich verdiene mein Einkommen im Wesentlichen nicht mit Kapital, sondern mit der Bera-tung. Die von Graffenried-Gruppe ist eine reine Dienstleistungsfirma, die nicht mit Kapi-tal arbeitet oder Beteiligungen hält. Meine Beteiligung bei der BTM-Gruppe besteht in erster Linie in der Beratung der beiden Hauptaktionäre, Herr und Frau Reinhardt-Scherz. Vor etwas mehr als 20 Jahren erhielt ich den Auftrag, zur BTM-Gruppe zu schauen und sie zu entwickeln. Das habe ich gemacht. Es ist eigentlich atypisch, dass ich überhaupt mit 22 Prozent beteiligt bin. Das erfolgt im Konsens mit den Hauptaktionären und führte wohl zu einem etwas erhöhten Engagement."
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