Dominique von Matt, Sie präsidieren den BSW in einer äusserst schwierigen Zeit. Beeinträchtigt dies Ihre Tätigkeit?
Zweifelsohne, einen solch markanten Werbeeinbruch hat es in den letzten 30 Jahren nicht mehr gegeben. So diskutieren wir in unserem Verband auch keine Schönwetterthemen, sondern hochbrisante Fragen. Dabei zeigt sich, dass Haltung immer mehr zum Luxusprodukt verkommt. Nehmen wir die Pitches. Unseres Erachtens ist ein Kunde, der den Pitch-Teilnehmern nichts zahlt, ein uninteressanter Kunde. Als BSW-Mitglied sollte man sich weigern, an einer solchen Veranstaltung teilzunehmen.
Ist dies nicht ein bisschen pastoral? Vielleicht vergibt man sich dadurch einen lukrativen Auftrag?
Nein. Ein Kunde, der sich des Mehrwerts durch relevante und differenzierende Kommunikation nicht bewusst ist, ist kein guter Kunde. In einem solchen Fall entwickelt sich auch keine Partnerschaft, sondern nur ein Abhängigkeitsverhältnis zulasten der Agentur. Wer einen solchen Pitch gewinnt, ist zu bedauern. Es ist ein Ziel meiner Präsidentschaft, solche stossenden Fälle aufzudecken.
Aber in einer so schwierigen Zeit geht es bei vielen Agenturen ums nackte Überleben ...
Nochmals, es ist betriebswirtschaftlich ein Riesenfehler, sich auf solche Gratisanfragen einzulassen. Wer für den Pitch nicht bezahlt, versucht auch nachher, die Agentur auszupressen. Und wer ein tiefes Honorar verlangt, muss auch mehr Volumen erzeugen. Das ist ein Teufelskreis, aus dem die Agentur kaum mehr herauskommt. Wir haben bereits bei der Gründung unserer Agentur in der Rezession 1993 auf rund einen Drittel aller Pitches verzichtet, weil sie ohne Honorar waren. Eine solche Haltung macht sich auch in schwierigen Zeiten bezahlt.
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