Herr von Matt, wir führen dieses Gespräch an einem aussergewöhnlichen Ort nämlich im Wohnzimmer von Sabine und Thomas Müller, welches Sie in Ihrer Agentur in Hamburg nachgebaut haben. Was bezwecken Sie damit?
Sabine und Thomas Müller sind die deutsche Durchschnittsfamilie. Thomas ist der häufigste Name eines 41-Jährigen, Sabine derjenige einer 39-Jährigen. Die Partnerkonstellation 41/39 kommt am meisten vor. Auch ihr 11-jähriger Sohn Alexander entspricht dem statistischen Durchschnitt. Um die Lebensgewohnheiten von Sabine und Thomas Müller zu erfassen, haben wir nicht nur die Statistik studiert, sondern fünfzehn verschiedene Haushalte besucht, die diesen Kriterien entsprechen. Aufgrund dieser Recherche haben wir diesen Raum eingerichtet. Ursprünglich wollten wir den Auftraggebern in diesem authentischen Ambiente ihre TV-Spots vorführen. Dann haben wir bemerkt, dass sich dieses Wohnzimmer auch als Konferenzraum eignet. Diese Idee hat in Deutschland für sehr viel Furore gesorgt. Viele Vorstände grosser Unternehmen waren schon hier, um über die Normalität zu staunen.
Es wirkt nicht sehr geschmackvoll ...
Das ist die schweizerische Sicht. Wir bauen in unserer Zürcher Agentur momentan das Wohnzimmer der Schweizer Durchschnittsfamilie nach. Höchstwahrscheinlich wird es ein bisschen geschmackvoller ausfallen, weil die Schweizer stilsicherer sind. Andererseits wird es auch kühler und puristischer werden so wie es dem schweizerischen Charakter entspricht. Der Deutsche zeigt beim Wohnen mehr Herz.
Handelt es sich bei diesem Wohnzimmer nicht einfach um einen Gag?
Viele unserer Auftraggeber, wie die Bild-Zeitung, die Sparkasse, TUI, Rama oder Yello Strom, orientieren sich am Durchschnitt. Es ist für einen Werber wichtig, dass er dessen Lebensgewohnheiten auch erspürt. Dieses Wohnzimmer erlaubt es den Kreativen, sich in das Ambiente ihrer Zielgruppe hineinzuversetzen. Kaum einer unserer Mitarbeiter lebt so. Wir Werber fahren andere Autos, lesen andere Bücher, wir wohnen in Lofts, Wohngemeinschaften oder Altbauwohnungen und setzen unsere Lebensakzente anders als der durchschnittliche Mensch.
Download als PDF-Dokument