13.06.2003

WALTER NORBERT, Chefökonom/Juni 2003

Die Schweizer Wirtschaft kommt nicht vom Fleck, solange Deutschland in der Krise steckt, weil dorthin die Hälfte ihrer Exporte gehen. Schuld des Krebsgangs ist aber nicht bloss die lahmende Konjunktur, die Ursache liegt tiefer: Deutschland steckt gesellschaftlich in der Sackgasse. Wie kommen wir wieder auf Touren? "persönlich” befragt Professor Norbert Walter, Chefökonom der Deutschen Bank in Frankfurt und Mitglied der Sieben Weisen zur Regulierung der Europäischen Wertpapiermärkte. Interview: Matthias Ackeret und Oliver Prange, Bilder: Marc Wetli

Herr Walter, wie schätzen Sie die aktuelle Stimmung in Deutschland und in der Schweiz ein?

“Deutsche und Schweizer sind ziemlich gelassen, was merkwürdig ist, denn sie befinden sich in einer grossen Krise, die sie aber offensichtlich nicht wahrnehmen. Sie sitzen passiv da und fallen in internationalen Vergleichen immer stärker auf Aussenseiterpositionen zurück, aber sie merken es nicht.”

Warum diese Wahrnehmungsresistenz?

“Viele Menschen – Bürger, Studenten – sind abgeschirmt von der enormen Konkurrenz, die in der Wirtschaft vorherrscht. Die meisten Schulen, Universitäten – eine Ausnahme ist die Hochschule in St. Gallen – sind nicht auf internationalem Niveau. Deshalb erkennen sie nicht, was abläuft.”

Welches ist die Ursache des Problems?

“Die Ursache ist die Spassgesellschaft, in der wir leben. Es geht uns zu gut. Wir beschäftigen uns mit der Planung der Freizeit und des Urlaubs, dabei kommt uns das Bewusstsein für die Grundlage des Wohlstands abhanden: der Leistungswille.”


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