Sie sind Direktor des Konstanzer Institute for International Management. Was hat das bis jetzt für die Wirtschaft gebracht
In den letzten zehn bis fünfzehn Jahren beschäftigen sich die Unternehmen zunehmend professionell mit der Ethik und Werteorientierung ihres Handelns. Das heisst, es gibt einen Business Case jenseits von Caritas, persönlichem oder religiösem Engagement. Häufig geht es um die Prävention von Wirtschaftskriminalität durch Risiko- und Integritätsmanagement. Die Integrität der Mitarbeiter ist ein wesentlicher Faktor des Geschäftserfolges geworden. Wie die Beispiele Enron und WorldCom zeigen, kann eine mangelhafte Moral von Führungskräften zur Bestandsgefährdung für ihr Unternehmen werden. Die Listingstandards an den grossen Börsen erwarten daher klare Ethikprogramme der Firmen. Lieferanten und Konsumenten ebenfalls. Auch wissen wir heute, dass die Kreativität und Innovationsfähigkeit von Mitarbeitern von der moralischen Kultur eines Unternehmens abhängt. Die Politik fordert zudem die Übernahme nationaler und globaler gesellschaftlicher Verantwortung durch Unternehmen ein. Ohne ein systematisches und konsequentes Management und Controlling geht das nicht. Dies ist der Grund, warum mein Institut gemeinsam mit wesentlichen Unternehmen in Deutschland und der Schweiz ein Werte-Management-System entwickelt hat, das hier eine Benchmark vorgibt und heute ein Managementstandard ist.
Wie kann ein Unternehmen die Verantwortung für das ethische Verhalten eines Mitarbeiters übernehmen?
Der Alltag eines Managers arbeitet gegen dieses Thema. Unternehmen müssen daher die Werte, für die sie stehen wollen, kodifizieren. Es geht um die Aussage, auf welcher moralischen Basis man Geschäfte machen will. Das ist die Grundlage. Der entscheidende Schritt ist dann allerdings, dass man diese Werte und Prinzipien auch zu einem lebendigen Bestandteil des Alltags machen muss. Das geht am besten, wenn man sie in die Prozesse einspeist, die es in diesem Unternehmen bereits gibt. Also Zielvereinbarungen, Bonussysteme, Karriereplanung, Lieferantenbewertung, Training, Controlling, um nur einiges zu nennen. Glaubwürdige moralische Kommunikation, sei es nun gegenüber dem Staatsanwalt oder den Konsumenten, gibt es nur auf diesem Wege.
Manche Philosophen sagen, Ethik sei wie die Sonntagspredigt. Jeder findet sie gut und macht dann trotzdem, was er will.
Da liegt genau der Unterschied zwischen der alten und der neuen Wirtschaftsethik. Die alte Wirtschaftsethik war eine Ethik der individuellen Tugend. Ihr Credo war der Appell an das Gewissen des Einzelnen. Das ist auch heute noch unabdingbar, aber zu wenig, um eine wirksame und dauerhafte Werteorientierung für das Unternehmen zu erreichen. Es geht ja nicht nur um Unternehmer-, sondern vor allem um Unternehmensethik. Neben die Individualethik tritt die Organisationsethik.