Herr Gamma, Ihre Präsidentin, Christiane Brunner, sieht in der SVP eine Bedrohung für die Demokratie. Wie gefährdet ist unser Staat momentan?
Gamma: Die SVP will weder einen Staatsstreich organisieren, noch mit militärischen Mitteln unsere Demokratie abschaffen. Das ist auch nicht der Punkt. Unter Bedrohung verstehen wir etwas anderes: Eine Demokratie lebt von der Auseinandersetzung und dem Engagement ihrer Bevölkerung. Dies sollte ehrlich und offen verlaufen. Die SVP verhält sich nicht so; sie torpediert die Mutterschaftsversicherung, kreiert Neger-Plakate oder bezeichnet Bedürftige als Scheininvalide. Damit macht man Stimmung gegen Minderheiten. Eine Demokratie funktioniert schlussendlich nur, wenn die Schwachen geschützt und nicht an den Pranger gestellt werden. Angstmache ist kein Patentrezept. Die SVP greift so tief in die emotionale Kiste, dass es für die Demokratie gefährlich wird.
Trotzdem unterstützen Sie die Forderung nach einem zweiten SVP-Sitz. Ein Widerspruch?
Gamma: Mit einer Bedrohung kann man verschieden umgehen. Die SP war auch einmal eine Bedrohung für die Schweiz, seit sie zwei Bundesräte stellt, ist sie viel umgänglicher geworden. Das sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Die SVP hat bald ein Wählerpotenzial von 25 Prozent. Ich sehe nicht ein, warum eine Partei, die einen Viertel der Bevölkerung hinter sich schart, nur einen Bundesrat haben soll, während die andere, die lediglich über 12 bis 13 Prozent verfügt, weiterhin zwei Sitze haben soll. Das versteht die Bevölkerung nicht. Warum sind alle schockiert, wenn wir dies so benennen? Rutz: Ich verstehe auch nicht, warum wir einerseits eine Bedrohung darstellen, andererseits einen zweiten Sitz bekommen sollen. Scheinbar wollte die SP damit den grauenhaft langweiligen Wahlkampf beleben. Das ist immerhin ein Ansatz. Es ist beunruhigend, wie flau alles verläuft. Dafür gibt es einen Grund: Die anderen Parteien wollen zu den unangenehmen und heiklen Themen keine Meinung äussern. Das ist nicht unser Stil, die SVP bezieht klar Stellung: So haben wir bei den Sozialversicherungen ein Riesenproblem. Bei der Invalidenversicherung herrscht ein Riesenmissbrauch, was selbst von Universitätsprofessoren bestätigt wird. Die Kostenexplosion von 4 auf 11 Milliarden Franken innert weniger Jahre ist objektiv nicht erklärbar. Hier besteht eine Grauzone. Auch die Mutterschaftsversicherung und die AHV kosten zusätzliche 5 Milliarden Franken, die schlussendlich den Bürgern und der Wirtschaft abgeschröpft werden. Deswegen sind wir gegen die Mutterschaftsversicherung und die Erhöhung der Mehrwertsteuer. Wir gehen nicht auch auf die Schwachen los, sondern wollen ein stabiles System, welches den wirklich Schwachen schlussendlich hilft.
Herr Nause, wie geht die CVP mit der Behauptung der SVP um, dass die anderen Parteien die wirklich relevanten Themen ignorieren? Sie verteilen immerhin Zahnbürsteli.
Nause: Ja, über 120000 und diese werden rege genutzt. Ich glaube auch nicht, dass dieser Wahlkampf flau verläuft. Wenn man sich die Äusserungen von Christiane Brunner anhört oder das Anti-Deiss-Plakat der Sozialdemokraten betrachtet, werden fundamental relevante Themen angesprochen.
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