29.10.2025

World Wide Werbung

«Ich bin manchmal richtig neidisch auf Werbespots»

Warum ist der Blick auf das internationale Schaffen auch für Schweizer Agenturen wichtig? Darüber spricht Jason Romeyko, Kreativchef von Ulabs –, das Kreativteam der Publicis Groupe für UBS – im Interview zum Start der neuen Rubrik «World Wide Werbung». Er verrät auch, welche kreative Idee er gerne gehabt hätte.
World Wide Werbung: «Ich bin manchmal richtig neidisch auf Werbespots»
«Man kann von den Praktiken anderer lernen und sich verbessern», so Jason Romeyko, Global Executive Creative Director bei Ulabs, der Agentur von Publicis für UBS. (Bild: zVg)

Jason Romeyko, Sie und das Kreativteam von Publicis Groupe verfolgen die Kreation aus den Werbeagenturen weltweit. Wie viele Kampagnen schauen Sie sich jeden Monat an?
Zunächst einmal suchen wir immer nach Ideen, nicht nach Kampagnen. Diese Ideen kommen in allen möglichen Kanälen zum Ausdruck – sie können natürlich die Form einer Werbekampagne, eines eigenständigen audiovisuellen Beitrags, eines Social-Media-Posts, einer Veranstaltung oder was auch immer annehmen. Jeden Tag scrollen wir durch Blogs wie LBB, Ads Of The World, Shots, persoenlich.com oder die Websites von Cannes Lions, D&AD, ADCE, Golden Drum usw. Wir setzen uns auch mit den besten Ideen aus der Popkultur auseinander, zum Beispiel aus dem Kino, von Streamingplattformen, aus Museen, der Kunstwelt oder anderen kulturellen Freizeitbeschäftigungen.

Bei der Publicis Groupe Schweiz scheint der internationale Blick einen hohen Wert zu haben. Das Büro in Lausanne führt seit 2023 auch die «Cannes Predictions» durch, bei der Cases gezeigt werden, die aus ihrer Sicht Chancen auf einen Löwen haben. Was ist der Nutzen dieses Aufwands?
Die Cannes Predictions sind eine grossartige Möglichkeit, einen Dialog zwischen Kunden, Partnern und der Agentur über die Kraft grossartiger Ideen und die Faktoren für gute Werbung anzuregen. Ähnlich wie bei den Vorbereitungen für die Oscar-Verleihung geht es auch bei den Cannes Predictions darum, Begeisterung zu wecken. Robert van den Heuvel leistet bei der Leitung dieser Veranstaltung hervorragende Arbeit, und es macht immer Spass, den eigenen Geschmack und die eigene Einschätzung von Kommunikation mit denen der Jury in Cannes zu vergleichen.

«Wenn Sie wissen, was es in der Welt gibt, können Sie die Originalität Ihrer Ideen besser einschätzen»

Sie sind Kreativchef von Ulabs (vormals TeamUBS) innerhalb der Publicis Groupe Schweiz und haben vorher für mehrere global bekannte Marken gearbeitet. Wie wichtig ist der internationale Blick für Ihre eigene Arbeit?
Eine globale oder interkulturelle Perspektive ist sehr wichtig. Sie müssen wissen, wie Ihre Ideen bei einer bestimmten Kultur oder Zielgruppe ankommen. Empathie für die Empfindlichkeiten und Vorlieben anderer ist entscheidend, wenn Sie Markenplattformen schaffen wollen, die weltweit Anklang finden sollen. Wenn Sie wissen, was es in der Welt gibt, können Sie die Originalität Ihrer Ideen besser einschätzen.

Lohnt sich der Blick ins Ausland auch für Agenturen, die für Schweizer Marken Kampagnen entwickeln? Was können sie davon lernen?
Natürlich sollten Schweizer Marken einen Blick darauf werfen, was international passiert. Ausländische Marken schauen auf die Schweiz, wenn es um Design und Handwerkskunst geht, denn dafür ist dieses Land bekannt. Daher sollte sich auch die Schweiz für ihre Werbung von dem inspirieren lassen, was ausserhalb ihrer Grenzen geschieht. Insbesondere sollte sie dabei auf Grossbritannien, die USA, Deutschland, Brasilien oder Asien schauen. Man kann von den Praktiken anderer lernen und sich verbessern. So findet man heraus, ob die eigenen Ideen das Potenzial haben, Kulturen zu überschreiten und erfolgreich zu sein.

«Ich liebe es, nach Dingen zu suchen, die Kultur schaffen»

Für unsere neue Rubrik wird das Kreativteam der Publicis Groupe jeden Monat drei herausragende Kampagnen auswählen. Welche Kriterien sind für die Auswahl entscheidend?
Ich liebe es, nach Dingen zu suchen, die Kultur schaffen. Ist eine Idee zukunftsorientiert (wird sie auch 2027 noch relevant sein) oder hätte sie auch schon vor zehn Jahren umgesetzt werden können? Wird die Arbeit mit einem Effie oder einem anderen Kreativpreis ausgezeichnet?

Ist es schon einmal vorgekommen, dass Sie bei einer Kampagne gedacht haben: «Wow, auf diese Idee wäre ich gerne gekommen»? Und wenn ja, welche?
Tatsächlich bin ich manchmal richtig neidisch auf die Werbespots, die manche Leute machen. Ich schaue mir die erfolgreichen Preisverleihungen an und denke: «Wow, das würde ich auch gerne machen». Im Moment fasziniert mich die Geschichte von Apple, Bad Bunny und AirPods. Da AirPods gerade eine neue Funktion eingeführt haben, die Apple Intelligence und Live Translation nutzt, geht man davon aus, dass sie Bad Bunnys Auftritt beim Super Bowl nutzen werden, um eine Echtzeitdemonstration ihres Produkts zu bieten. Das ist die Antwort auf Bad Bunnys Herausforderung an die USA, dass sie vier Monate Zeit haben, um Spanisch zu lernen. Wenn das stimmt, dann ist das nicht nur genial, sondern ich bin auch total enttäuscht, dass ich nicht selbst darauf gekommen bin.


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