Eine kleine roboterartige Figur mit runden Augen sitzt auf einem Ziegeldach und wartet. Sie wartet im Regen. Sie wartet in der prallen Sonne. Sie wartet im Schnee. Bis eines Tages im Februar der Moment endlich kommt, an dem sie ihren grossen Auftritt hat: Die kleine Sirene kann wieder losheulen.
Die kleine Sirene ist die Heldin des neuen Informationsspots über den jährlichen Sirenentest, der letzte Woche stattgefunden hat. Das Animationsfilmchen bringt einen Hauch Pixar-Flair in die Werbelandschaft.
Und es ist nicht der einzige. Die zwei grössten Werbeauftraggeber der Schweiz, Coop und Migros, setzen immer wieder auf süsse Animationsfiguren in ihren Kampagnen. Die aktuell bekannteste ist vielleicht Finn von Migros. Der kleine Wichtel hat bisher vier Jahre die Weihnachtszeit mit Geschichten aus seinem Leben im Supermarkt begleitet.
Rehkitz und BBQ-Hummel
Ein grossäugiges Rehkitz stand letzten Dezember im Zentrum der «Winter Wunder»-Sammelkampagne von Coop. Und die kuschelige «Tsch-Tsch»-Hummel ist mittlerweile fest mit der Grillsaison verbunden.
Der Sirenenspot unterscheidet sich aber von denjenigen von Coop und Migros in einem Punkt: Er ist komplett in der Schweiz entstanden. Produziert hat ihn das Zürcher Vaudeville Studios inhouse. Co-Geschäftsleiter Roger Zürcher hofft, dass diese Erfahrung ein «Gamechanger» für die Branche sein könnte, erklärt er gegenüber persoenlich.com.
Denn Animationen werden immer noch selten in der Schweiz produziert, beobachtet Zürcher, der auch im Vorstand der Swissfilm Association, des Verbands der Filmproduktionsbranche, sitzt.
Fehlende Kapazitäten
So arbeitet Migros für die Finn-Serie seit 2017 mit Passion Pictures, einem Studio aus Grossbritannien. «Unsere Agentur Wirz konnte uns damals kein Schweizer CGI-Studio empfehlen, welches in diesem Umfang und in dieser kurzen Zeit eine derartige Produktion hätte stemmen können», schreibt die Migros-Medienstelle auf Anfrage.
Auch Coop arbeitet mit ausländischen Animationsstudios. Der «Winter Wonder»-Spot stammt aus den Post Office Studios in Amsterdam, ebenso wie die Grillsaison-Biene. Coop erklärt, dass Studios gesucht werden, die «projektspezifische Bedürfnisse erfüllen». «Werden zum Beispiel Tiere animiert, sucht man nach einer Postproduktion mit der entsprechenden Erfahrung», schreibt die Medienstelle.
Der Grossverteiler betont, dass die Suche immer in der Schweiz startet. Was fehlt, sei aber oft die Kapazität. «Die Postproduktionen in der Schweiz sind klein und hatten deswegen keine Kapazität, nebst den vorhandenen Aufträgen einen solch grossen Auftrag anzunehmen. Zudem waren punkto Erfahrung jene aus Europa besser aufgestellt.»
Kleine Studios sind vernetzt
In der Tat gäbe es in der Schweiz keine grossen Animationsstudios, bestätigt Roger Zürcher. «Dagegen können Schweizer Studios sich relativ leicht vernetzen und für grosse oder zeitkritische Aufträge ein Team bilden», so der Co-Gründer von Vaudeville Studios.
In der Schweiz könne man seit etwas mehr als 20 Jahren Animation studieren und so wachse die Anzahl der kleinen Studios – von bis zu fünf Personen – kontinuierlich, erklärt Zürcher.
Mittlerweile machen Animationen 20 bis 30 Prozent der Schweizer audiovisuellen Produktion aus, wie eine interne Umfrage der Swissfilm Association vor drei Jahren zeigte. Diese deutete auch auf eine steigende Tendenz hin.
Und so zeige der Sirenentestspot, dass in Bereich Animation auch «Swiss Made» geht, findet Roger Zürcher. Er habe insgesamt sechs Monate in Anspruch genommen, von der Story über Skizzen, Charakterdesign bis zur finalen Animation und Vertonung. Der aber vermutlich entscheidende Vorteil für eine Produktion in der Schweiz war: «Das war ein nicht zeitkritisches Projekt, das der Kunde weit im Voraus geplant hat», stellt der Co-Gründer der Vaudeville Studios fest.