Joe La Pompe ist Copycat-Jäger. Sein Ziel: Zwillings-Werbekonzepte aufspüren und auf seinem gleichnamigen Blog vorstellen. Nun machte der französische Werbeblogger Halt in der Schweiz. Am Donnerstag eröffnete er mit seiner Keynote die Creative Days im Schloss Sihlberg in Zürich. Möglich, dass manche der anwesenden Kreativen innerlich gezittert haben. Schliesslich stellte Joe La Pompe Plagiate aus der Praxis vor – auch aus der Schweiz.
Nicht zuletzt deshalb tritt Joe La Pompe – Autor mehrerer Bücher, darunter «Copy Paste» – immer mit einer Art Sturmhaube auf. «Ich bin wirklich schüchtern», so Joe La Pompe gegenüber persoenlich.com. Aber das sei nicht der Grund für seine Maskierung. «Als ich 1999 mit diesem Blog begann, hatte ich ein bisschen Angst. Denn ich bin ein Insider. Ich war ein junger Werbetexter, der in einer grossen Pariser Werbeagentur arbeitete, und ich wollte nicht, dass das alles meine kreative Arbeit in irgendeiner Weise beeinträchtigt.» Mittlerweile sei die Maske aber zu einem Markenzeichen geworden.
Zu Beginn seiner Tätigkeit als Plagiatsjäger wurde Joe La Pompe auch bedroht. «Ich habe viele unangenehme E-Mails und verschiedene Drohungen erhalten.» Plagiate seien ein heikles Thema. In der Werbung wolle niemand darüber sprechen. «Die Leute schämen sich für dieses Thema. Einige sagten, dass das, was ich tue, unserer Branche einen schlechten Ruf verschaffen würde», so Joe La Pompe. Heute aber erhalte er meist positives Feedback. «Ich will überhebliche Werber zurück auf die Erde holen», sagte er vor dem überwiegend jungen Publikum.
An den Creative Days präsentierte Joe La Pompe diverse Anschauungsbeispiele: So zeigte er unter anderem auf, wie eine Arbeit von Young & Rubicam Zürich für Migros aus dem Jahr 2011 auf einer ähnlichen Idee basierte wie eine Kampagne von 2005 von Beacon Communications Tokyo für Wella. Oder wie eine Kreation aus dem Jahr 2011 von Publicis Zürich für Garnier Ähnlichkeiten hatte mit einer früheren Arbeit der Agentur Team Young & Rubicam aus Dubai. Es geht aber auch umgekehrt: Eine Arbeit von Publics für Sportplausch Wider (2004) inspirierte die Agentur Volt in Stockholm für ihren Kunden Metropolis Gym Sports Club (2006).
- Publicis Zürich vs. Volt Stockholm. (Bilder: persoenlich.com/cbe)
- Young & Rubicam Dubai vs. Publicis Zürich.
- Beacon Communications Tokyo vs. Young & Rubicam Zürich.
Joe La Pompe sagte vor den rund 60 Zuschauenden, dass er nun nicht allzu viele Schweizer Agenturen vorführen wolle – schliesslich hoffe er auch auf Aufträge. Doch er verwies auf seinen Blog, wo man unter dem Suchbegriff «Switzerland» viele Beispiel finde. Dort ist auch ein aktuelles Beispiel gelistet, welches persoenlich.com letzte Woche publik machte: die Denner-Kampagne, die einer Migros-Kampagne vor zwei Jahren gleicht. Als «verwirrend ähnlich» bezeichnet der Plagiatsjäger diese Zwillingskampagne auf seinem Blog. Diese Ähnlichkeit sei vermutlich zustande gekommen durch Amnesie oder eine unvollkommene Recherche. «Rufen Sie mich das nächste Mal an, um diese schädlichen Situationen zu vermeiden», so sein Tipp.
Echte Plagiate seien sehr selten, versicherte Joe La Pompe gegenüber persoenlich.com. «Meistens ist es zufällig und das Ergebnis eines Mangels an kreativer Kultur. Kurz gesagt, es ist ein unfreiwilliges Plagiat.» Es könne durchaus vorkommen, dass zwei Kreative dieselbe Idee haben. «Wie man so schön sagt: ‹Grosse Geister denken ähnlich›. Zufälle gibt es», so der Franzose. «Es stimmt auch, dass die Produkte, für die wir werben, oft ähnlich sind, dass die kreativen Briefings die gleichen sind und dass die Kreativen, die aus dem gleichen soziokulturellen Umfeld kommen, weltweit die gleichen Referenzen nutzen und jeden Tag die gleichen Werkzeuge verwenden.»
Wohl kein Zufall dürfte ein weiteres Plagiat sein, welches Joe La Pompe am Donnerstag vorführte. Das Original: ein Migros-Spot aus dem Jahr 2008. Dieser Spot wurde zwei Jahre später im Libanon recycelt. Und zwar so richtig. «Die Nachahmung ist ziemlich schockierend. Sie haben sogar die gleiche Musik verwendet», so Joe La Pompe. Und das sogar inklusive des Migros-Soundlogos am Ende.
Laut Joe La Pompe kommen Dubletten in der Werbung immer häufiger vor. «Das ist leicht zu erklären, denn jedes Jahr werden mehr und mehr Kampagnen auf immer mehr Medien veröffentlicht. Millionen von Kampagnen, nicht nur ein paar Hundert oder ein paar Tausend, wurden in den letzten 20 Jahren entworfen.» Die Zunahme sei also mathematisch zu erklären. «Ausserdem ist Werbung eine vergängliche Kunst. Die Menschen sind mehr auf das Heute und das Morgen fixiert und kümmern sich oft nicht wirklich um die Vergangenheit», so der Kreative weiter.
Joe La Pompe rät den Zuschauenden: Aufhören so zu tun, als gäbe es keine Plagiate oder als würden sie nur anderen passieren. «Es kann jederzeit und jedem passieren. Ich kenne keinen einzigen Kreativen und keine einzige Agentur, die nicht auf die eine oder andere Weise mit diesem Problem konfrontiert war. Aber ich habe viele gesehen, die so arbeiten, als könnte nichts passieren.»
Sein Tipp, um Plagiate zu vermeiden: Nicht mit jedem Trend mitgehen und nicht bei der erstbesten Idee stehenbleiben. «Es braucht Zeit, um grossartige, einprägsame Sachen zu machen. Das ist nicht einfach», so Joe La Pompe. Und wenn man schon kopiere, dann solle man wenigstens die Grundidee originell weiterentwickeln.
Impressionen von den Creative Days im Schloss Sihlberg