07.05.2024

Werbestatistik

«Wir würden lieber eine Steigerung verkünden»

Die Stiftung Werbestatistik Schweiz hat die Werbeumsätze für 2023 publiziert. Ihr Vizepräsident Roland Ehrler sagt im Interview, warum der Fernsehbereich rückgängig ist und was von der Konkurrenz der internationalen Portale zu erwarten ist.
Werbestatistik: «Wir würden lieber eine Steigerung verkünden»
«Von Werberestriktionen profitieren meist die internationalen Plattformen», sagt Roland Ehrler, Vizepräsident der Stiftung Werbestatistik Schweiz. (Bild: zVg)

Roland Ehrler, was ist dieses Jahr bemerkenswert an der Statistik (persoenlich.com berichtete)?
Bemerkenswert scheint mir im Werbejahr 2023 zu sein, dass wir insgesamt eine Stagnation der Netto-Werbeausgaben feststellen müssen. Dabei würden wir viel lieber jedes Jahr eine Steigerung verkünden. Aber immerhin konnten einige Mediengattungen ihre Umsätze steigern, wie zum Beispiel die Aussenwerbung, Online oder die Radios.

Hingegen sind die Umsätze im Fernsehbereich rückgängig. Wie erklären Sie das?
Obwohl nicht weniger TV geschaut wird, sehen wir gerade einen Wettkampf von zahlreichen Streaming-Plattformen um neue Nutzerinnen und Nutzer. Dabei überbieten sich die Plattformen mit Angeboten und Werbung ist dort – noch – kein Thema. Das klassische TV bleibt somit unter Druck, umso mehr, weil auch das zeitversetzte Fernsehen beliebt ist. Beim Radio ist die Konkurrenz durch Streaming etwas geringer, dafür via die Apps auf dem Smartphone jederzeit nutzbar. Umso schöner, dass sich die Radiosender im letzten Jahr kommerziell behaupten konnten.

Direktwerbung ist nach wie vor eine der Gattungen, die am meisten Werbeerlöse erzielt. Die Post hat aber angekündigt, den Zustellbereich ihrer Tochter Direct Mail einzustellen. Sehen Sie da einen Widerspruch?
Direktwerbung hat ihren festen Platz im Werbemarkt. Viele werbetreibende Unternehmen schätzen die handfeste Kommunikation mit den Konsumenten, sei es mit persönlichen Briefen, Angeboten oder Prospekten mit Aktionen. Die Post ist und bleibt in diesem Bereich der grösste Player und ist auch an mehreren Unternehmen wie der Direct Mail Company beteiligt. Des Weiteren ist die Post ein Stiftungsmitglied bei der Werbestatistik und liefert seit vielen Jahren die Marktdaten für unsere Publikation. Mehr zu deren Geschäftspolitik müssen die Post selbst oder Direct Mail beantworten.

«Der Trend zur Onlinewerbung und damit zu den internationalen Plattformen hält seit vielen Jahren an»

Die traditionellen Werbeumsätze stagnieren. Gleichzeitig sind die Einnahmen der ausländischen Werbeplattformen, wie Google, YouTube und Social Media, gemäss Schätzungen um 8 Prozent gestiegen. Was ist in den nächsten Jahren zu erwarten? Wird sich die Schere noch weiter öffnen?
Der Trend zur Onlinewerbung und damit zu den internationalen Plattformen hält seit vielen Jahren an. Und das ist nicht nur in der Schweiz so. Somit könnte sich die Schere weiter öffnen. Erschwerend kommt hinzu, dass die Schweizer Politik immer wieder über Werberestriktionen nachdenkt oder gar beschliesst. Davon profitieren meist wieder die internationalen Plattformen. 

Zum zweiten Mal werden die Umsätze in den Bereichen YouTube, Suchmaschinenwerbung und Social Media geschätzt: Warum können sie nicht wie für die anderen Kanäle erhoben werden?
Die Umsätze der internationalen Plattformen sind nur gesamthaft, jedoch nicht für einzelne Länder bekannt. Um diese Messlücke zu schliessen, hat die Stiftung entschieden, hierzu eine Schätzung von Expert:innen vornehmen zu lassen. Alle anderen von der Stiftung erhobenen Daten basieren auf den Netto-Umsatzmeldungen der Werbeanbieter, also nicht von Werbeauftraggebern.

Auf welchen Daten basiert die Schätzung?
Die Schätzung wurde unter der Leitung der IGEM Interessengemeinschaft elektronische Medien erstellt und zusammen mit Expert:innen von Schweizer Werbe-Auftraggeberverband (SWA), Leading Swiss Agencies (LSA), IAB Switzerland und dem Verlegerverband Schweizer Medien (VSM) auf ihre Plausibilität überprüft. Mehr Informationen können wir nicht geben.

Hat die Stiftung Kontakte mit den Tech-Plattformen?
In der Stiftung Werbestatistik sind die wichtigsten Stakeholder des Schweizer Werbemarktes vertreten. Somit bestehen zahlreiche Kontakte zu den Vertretern von den Tech-Plattformen im In- und Ausland. Dies ändert jedoch nichts daran, dass die Tech-Plattformen der Stiftung für Werbestatistik keine Zahlen zu ihren Umsätzen liefern oder Kommentare zu den Schätzungen abgeben. Wir sind aber sicher, dass unsere Daten und Schätzungen von allen Marktpartnern sehr aufmerksam zur Kenntnis genommen werden. 


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