30.01.2025

DOOH

News auf Screens passt nicht für alle

Viele Medienhäuser liefern Schlagzeilen und News Clips für Bildschirme im öffentlichen Raum. Doch es gibt auch prominente Unternehmen, News-Anbieter und Plattformen, die den Trend nicht mitmachen – aus unterschiedlichen Gründen.
DOOH: News auf Screens passt nicht für alle
Schlagzeilen von 20 Minuten im Zürcher Hauptbahnhof. (Bild: 20 Minuten)

Wer in Bus, Tram oder Zug nicht die ganze Zeit auf sein Handy starrt, kann kaum umhin, auch mal einen Blick auf die grösseren Bildschirme zu werfen. Denn sie sind überall. Neben Servicemitteilungen und Werbung sieht man dort vor allem aktuelle News. Auf das Angebot hat man keinen Einfluss; es kommt, was kommt. So gesehen handelt es sich um eine sehr altmodische Form der Nachrichtendarreichung, was aber der Beliebtheit bei News-Anbietern keinen Abbruch tut. Erst vergangene Woche vermeldeten zwei grosse Medienunternehmen den Ausbau, respektive den Start ihrer Präsenz auf digitalen Aussenwerbeflächen, im Jargon auch als Digital Out-of-Home (DOOH) bekannt.

20 Minuten löst Tamedia ab

Das News- und Unterhaltungsportal 20 Minuten hat seinen Auftritt für die Bildschirme der APG überarbeitet und baute gleichzeitig seine geografische Präsenz aus (persoenlich.com berichtete). Was bisher nicht bekannt war: Das Unternehmen der TX Group verdrängt mit diesem Schritt sein Schwesterunternehmen Tamedia. Titel wie Tages-Anzeiger oder Berner Zeitung sind mit ihren Schlagzeilen nicht mehr auf ÖV-Bildschirmen präsent. Eine Sprecherin von 20 Minuten bestätigt den Vorgang: «Tamedia ist nicht mehr auf den eBoards und auf den von der APG bespielten Verkehrsmitteln präsent. Die freigewordenen Zeitslots konnte 20 Minuten übernehmen und ist damit prominenter auf den Screens vertreten.» Zu den Gründen machen TX Group und Tamedia keine Angaben. Somit ist nicht klar, ob es sich um eine weitere Sparmassnahme handelt oder eine Neuausrichtung der Marketingaktivitäten.

Auf den Bildschirmen des Aussenwerbers APG, der etwa in Bahnhöfen grossflächige eBoards und ePanels betreibt, sind in der gesamten Deutschschweiz auch die NZZ und Watson mit News-Schlagzeilen präsent, wie eine Sprecherin auf Anfrage erklärt. In der Zentralschweiz bespielt zudem die Luzerner Zeitung aus dem Hause CH Media Bildschirme von APG und auch solche von Livesystems. Das Tochterunternehmen der Schweizerischen Post betreibt schweizweit 13'000 digitale Anzeigenflächen.

Wie ebenfalls vergangene Woche bekannt wurde, sieht man auf den Screens von Livesystems neuerdings Sequenzen aus Fussballspielen der Super League, aufbereitet und bereitgestellt von Blue Sport, respektive Blue News. Von dieser Kooperation unberührt bleibt die Präsenz von Schlagzeilen des Nachrichtenportals Nau.ch auf dem Inventar von Livesystems. Die beiden Unternehmen gehörten bis zum Verkauf der DOOH-Sparte 2021 an die Post zusammen. Das Engagement von Blue mit Fussball-Content ist keine Premiere im DOOH-Bereich. Im Tessin und in der Romandie sind schon länger Nachrichtenschlagzeilen von Blue News zu sehen.

Dass die Swisscom-Tochter Blue und die Post-Tochter Livesystems zusammenspannen, ergibt insofern Sinn, als dass bewegte Bilder in geschlossenen Räumen besser wahrgenommen werden. Livesystems betreibt fast 9000 Bildschirme in Bussen, Trams und Zügen. «Die Wirkung hängt stark vom Standort ab», gibt Thorsten Winkler, Mediaspezialist und CEO von Mediaschneider Bern, zu bedenken. «In Verkehrsmitteln ist der Einsatz von Video sinnvoll, da sich die Passanten in dieser Situation eher auf ein Video einlassen können – vorausgesetzt, sie sind nicht gerade mit dem Handy beschäftigt.»

Goldbach Neo und SRF verzichten

Es gibt aber auch die grossen Abwesenden im DOOH-Newsgeschäft, obwohl ihr Profil eigentlich perfekt zu dieser Werbeform passen würde. Goldbach Neo, eine Tochter der TX Group und einer von drei grossen Playern im DOOH-Geschäft, überlässt das Geschäft der Konkurrenz. Eine Sprecherin erklärt: «Aktuell haben wir keine Zusammenarbeit mit News-Anbietern, da wir Werbetreibenden Priorität geben auf unseren Screens.» Allerdings handelt es sich nicht um ein unumstössliches Credo, dem Newsgeschäft fernzubleiben, wie das Unternehmen auf eine entsprechende Nachfrage von persoenlich.com mitteilt. Man prüfe immer wieder spannende Möglichkeiten. Auf den Bildschirmen erhalte Aufmerksamkeit, was gut gestaltet sei und zum Umfeld passe. «Die Inhalte müssen zwingend innert ein bis zwei Sekunden verstanden werden können. Das ist unabhängig davon, ob es sich um Werbung oder anderen Content handelt», so die Goldbach-Neo-Sprecherin.

Bei den News-Anbietern gibt es eine Branchengrösse, deren Schlagzeilen nicht auf elektronischen Anzeigenflächen oder Bildschirmen im öffentlichen Verkehr zu sehen sind. Obwohl sich Service public auf Transport public reimt, ist Marketing via DOOH für Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) kein Thema – wegen des kommerziellen Umfelds. «In den meisten Fällen handelt es sich hierbei um ein kommerzielles Unterfangen, wie beispielsweise ein Nachrichten-/Wettervorschau-Karussell mit Werbung. SRF überlässt das Feld den anderen Marktteilnehmern», teilt die Medienstelle auf Anfrage mit.

«Stärkt die Positionierung als ‹immer aktuell›»

Dass Bildschirme im öffentlichen Raum und im öffentlichen Verkehr gerne genutzt werden für die Anzeige von News-Content, liegt für den Fachmann auf der Hand. «DOOH ist ein klassisches One-to-Many-Medium und richtet sich an ein breites Publikum. Daher eignet es sich gut für News-Inhalte», begründet Mediaspezialist Thorsten Winkler. «News profitieren von der hohen Frequenz an Standorten wie ÖV-Haltestellen, Bahnhöfen oder stark frequentierten Verkehrsknotenpunkten. Dies sorgt für eine kontinuierliche Sichtbarkeit und stärkt die Positionierung als ‹immer aktuell›».


Kommentar wird gesendet...

KOMMENTARE

Agnès Laube
30.01.2025 10:24 Uhr
Kein Wunder, halten sich seriöse Medien fern von DooH: News-Häppchen zwischen Werbeanzeigen wirken oberflächlich. Das hat im besten Fall den Effekt, dass sich Betrachter:innen den seriösen Medien zuwenden, sich via Zeitungen, SRF etc.. informieren.

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren