10.04.2025

Media-Allianz

«Wir sind und bleiben ein People Business»

Die Digital-Mediaagentur Jung von Matt Impact steigt bei The Generation Media ein. Im Interview erläutern Benjamin Herz und Petra Kreussler die Hintergründe des Zusammenschlusses, wie sie digitale Kompetenz mit klassischer Mediaplanung verbinden wollen und warum trotz zunehmendem KI-Einsatz der Mensch in ihrer Strategie unverzichtbar bleibt.
Media-Allianz: «Wir sind und bleiben ein People Business»
«Eins plus eins ergibt bei uns tatsächlich mehr als die Summe»: Benjamin Herz (Managing Partner bei Jung von Matt Impact) und Petra Kreussler (Verwaltungsratspräsidentin von The Generation Media). (Bild: zVg)

Welche analoge Angewohnheit aus der alten Medienwelt können Sie trotz aller Digitalisierung bis heute nicht ablegen?
Benjamin Herz: Früher habe ich total gerne im TV rumgezappt. Ich glaube, ich bin ziemlich gut darin und finde immer das beste Programm – auch wenn meine Lebensgefährtin das anders sieht. Heute habe ich nur noch wenig Zeit dafür. Zum Glück gibt es Social Reels, die kann ich auch mal zwischendurch schauen.

Petra Kreussler: Alte Medienwelt? Ich schaue jeden Tag Fernsehen – analog und via Streaming, lese nach wie vor Zeitungen, blättere oft und gerne in Zeitschriften, bemerke auf dem Weg zur Arbeit Plakatstellen, höre tagsüber Radio, gehe ins Kino – und ja, ich nutze auch Social Media, und das nicht zu kurz … (lacht). Trotz Digitalisierung findet der Grossteil des Lebens analog statt. Entsprechend aktuell bleiben analoge Kanäle.

Die Digital-Mediaagentur Jung von Matt Impact steigt bei The Generation Media ein (persoenlich.com berichtete). Der Mediaagenturmarkt ist hart umkämpft und von Konsolidierung geprägt. Was macht diesen Zusammenschluss anders als die üblichen Übernahmen im Markt?
Herz: Bei Konsolidierungen handelt es sich oft um ein reines Volumenpooling mit dem Ziel, Effizienzgewinne abzuschöpfen. Wer profitiert, sind die Shareholder, selten die Kund:innen. Wir bringen nicht mehr vom Gleichen, sondern digitales Marketing mit dem All-Media-Ansatz zusammen. Wir verbinden unterschiedliche, sich ergänzende Kompetenzen und vertiefen dadurch unser Leistungsspektrum.

Kreussler: Als zwei etablierte Mediaagenturen machen wir gemeinsame Sache, um in Zukunft eine noch wichtigere Rolle im Markt zu spielen. Eins plus eins ergibt bei uns tatsächlich mehr als die Summe. Und so unterschiedlich unsere Stärken sind, so ähnlich ticken wir, wenn es um den Anspruch an Qualität und Kund:innenerfolg geht.

Sie haben sich für eine Beteiligung und offenbar nicht für eine vollständige Übernahme entschieden. Wie sieht der Deal aus?
Herz: Über den Deal wurde Stillschweigen vereinbart. Viel wichtiger als konkrete Zahlen ist für uns das beidseitige Commitment, ab sofort noch enger zusammenzuarbeiten. Dadurch können wir Kund:innen noch integrativer beraten und gemeinsam neue Leistungen entwickeln.

Wie bewahren Sie trotz «Schulterschluss» den von Ihnen beschriebenen «Boutique-Charakter» beider Agenturen?
Herz: Boutique + Boutique = immer noch Boutique (lacht). Spass beiseite. Indem wir so weitermachen, wie bisher: Die Teams arbeiten weiterhin in derselben Zusammensetzung an den bisherigen Standorten. Auch in neuer Teamstärke bleiben wir sehr persönlich. Erst recht im Vergleich zu internationalen Netzwerken mit Tausenden von Mitarbeitenden.

«Das bisschen mehr Distanz hilft mir auch, operativ wichtige neue Impulse zu setzen»

Petra Kreussler, Ihr bisheriger Stellvertreter Matthias Städeli wird neuer Geschäftsführer von The Generation Media. Warum bleiben Sie es nicht?
Kreussler: Im Januar vor 24 Jahren habe ich The Generation Media gegründet und seither operativ geleitet. In den letzten sechs Jahren hat Matthias mich hervorragend ergänzt und unterstützt und nach und nach das operative Geschäft übernommen. Matthias als neuer Geschäftsführer ist also der nächste logische Schritt. Als Verwaltungsratspräsidentin bin ich dem Unternehmen weiterhin eng verbunden und werde auch in neuer Rolle die Zukunft der Agentur aktiv mitgestalten. Das bisschen mehr Distanz hilft mir auch, operativ wichtige neue Impulse zu setzen.

Welche Vision hat er für die Zukunft der Agentur und wie wird sich sein Führungsstil von Ihrem unterscheiden?
Kreussler: Wichtig ist ein authentischer Führungsstil. Im Kern teilen wir die gleichen Werte: Wie auch mir liegt Matthias eine starke Beratung am Herzen. Unsere geteilte Überzeugung ist, dass fundierte Beratung die Basis erfolgreicher Mediaeinsätze ist. Matthias ist ein Brückenbauer, der Empowerment vorlebt. Er ist massgeblich für die Partnerschaft der beiden Unternehmen verantwortlich.

Über zehn Kundenmandate werden bereits gemeinsam betreut. Können Sie ein konkretes Beispiel nennen, wo die Kombination aus digitalem Know-how und All-Media-Ansatz einen messbaren Mehrwert geschaffen hat?
Herz: Als wir vor einem Jahr unsere bestehenden Kund:innen über die damals noch strategische Partnerschaft informierten, haben wir viel Zustimmung erfahren. Von Beginn an war die Bereitschaft gross, dem neuen Konstrukt eine Chance zu geben. Und Ende Jahr haben wir gemeinsam unseren ersten grossen Pitch gewonnen. Die Zusammenarbeit überzeugt also auch im Wettbewerb. Wir finden, das schafft viel messbaren Mehrwert.

Die Medialandschaft fragmentiert sich zunehmend. Wie schaffen Sie es, mit «nur» 27 Expertinnen und Experten wirklich alle relevanten Kanäle abzudecken?
Kreussler: Indem wir viel Fachwissen und Erfahrung mit an Bord haben. Besuchen Sie uns an unseren Standorten, und Sie werden sehen, wie viel Herzblut in die Arbeit gesteckt wird. Unsere 27 engagierten Expert:innen decken alle relevanten Kanäle ab. Es sind unsere Teams, die uns ausmachen, und darauf sind wir stolz. Kleine Seitenbemerkung: Mit unserer Grösse sind wir im LSA-Ranking unter den Top Ten der Schweizer Mediaagenturen. Für die Ansprüche nationaler Kampagnen sind wir also bestens aufgestellt.

In einer Zeit, in der viele Unternehmen ihre Media-Aktivitäten nach innen verlagern – warum sollten Kundinnen und Kunden weiterhin auf externe Agenturen setzen?
Herz: Die Mediawelt dreht sich immer schneller, wird immer digitaler. Parallel wächst die Herausforderung, bei der Vielzahl an Kanälen und Möglichkeiten Mediainvestitionen optimal zu tätigen. Nur wenige Auftraggeber:innen können sich ein internes Team leisten, das sämtliche Kanäle von der Strategie bis zur Ausspielung auf hohem Niveau abdeckt. Wir sind überzeugt, dass Kund:innen wieder vermehrt den Austausch mit Mediaagenturen suchen. In neuer Konstellation bringen wir für unterschiedlichste Anforderungen die notwendige Qualität an den Tisch: digital, analog und in der Gesamtsicht.

«Wir nutzen alle verfügbaren KI-Tools, um unsere Arbeit besser zu machen»

Wie gehen Sie mit dem zunehmenden Einfluss von künstlicher Intelligenz (KI) und automatisierten Systemen in der Mediaplanung um?
Herz: Im digitalen Marketing nutzen wir KI schon lange. Ich denke da zum Beispiel an Algorithmen im programmatischen Media-Einkauf. Als Premier Partner von Google, Meta und Microsoft sind wir zudem nahe dran an den neuesten Entwicklungen. Wir nutzen alle verfügbaren KI-Tools, um unsere Arbeit besser zu machen. So zum Beispiel den KI-Bewertungspanel von Neurons, um die Gestaltung von Werbemitteln zu überprüfen und auf beste Performance zu trimmen.

Werden dadurch Arbeitsplätze in Ihren Agenturen bedroht?
Kreussler: Im Gegenteil – es kristallisieren sich neue Stellenprofile heraus. KI macht uns effizienter, aber die menschliche Komponente ist unverzichtbar. Wir sind und bleiben ein People Business.

Welche drei konkreten Ziele haben Sie sich für das erste gemeinsame Jahr gesetzt?
Herz: Wir wollen erstens voneinander lernen, zweitens spannende Projekte umsetzen und drittens – und das ist für uns das wichtigste Ziel: Wir wollen mit unseren Kund:innen Erfolge feiern. Aus Erfahrung lässt sich mit Neugierde auf Neues, dem Willen, anzupacken, und guter Teamstimmung Erfolg nur schwer verhindern.

Was ist Ihre ehrliche Einschätzung: Welchen Channel halten Sie für überbewertet und wo sehen Sie noch ungehobenes Potenzial für Ihre Kundinnen und Kunden?
Kreussler: Jeder Kanal hat seine Stärken und Schwächen. Unser Job ist es, für die jeweilige Aufgabenstellung den besten Mix zu wählen. Neben Leistungsdaten und Kosten ziehen wir dazu Kriterien wie zum Beispiel Relevanz oder Gestaltungsmöglichkeiten hinzu. Und wir tauschen uns aktiv mit den für die Kreation verantwortlichen Personen aus. «Neu» ist deshalb immer nur eines von vielen Bewertungskriterien. Ich denke, es ist wichtig, Trends nicht überbegeistert nachzurennen, sondern immer strategisch fundiert vorzugehen.

Herz: Ungehobenes oder eher sich anbahnendes Potenzial sehe ich bei Connected TV. Die Chance, Junge oder Zuschauer:innen, die TV nicht mehr linear konsumieren, auf dem Bigscreen zu erreichen, ist spannend. Und da kommt wieder unser Zusammenschluss zum Tragen: Die Kombination von TV-Wissen aufseiten The Generation Media und dem Verständnis für digitalen Media-Einkauf aufseiten Jung von Matt Impact ist eine super Basis, bei Connected TV vorne mitzuspielen. Sie sehen: Der Zusammenschluss bringt direkten Mehrwert.


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