8 Uhr morgens in der Schweiz: Unser CEO richtet eine wichtige Botschaft an unsere Mitarbeitenden. Es kommt auf jedes Wort an. Statt auf Englisch oder Deutsch spricht er Mitarbeitende in ihren Muttersprachen an – fliessend Hindi, fliessend Niederländisch, perfekt intoniert, mit kultureller Sensibilität. Die Krux? Der CEO spricht weder Hindi noch Niederländisch. Ein AI-Avatar macht es möglich. Die Reaktionen der Mitarbeitenden sind durchmischt. Wo endet glaubwürdige Kommunikation, und wo beginnt gut gemeinte Täuschung? Die Szene hat sich so bei Swisscom nicht ereignet, ist aber nicht komplett realitätsfremd. Für die Unternehmenskommunikation ergeben sich dank AI ganz neue Möglichkeiten. Mit grossen Möglichkeiten kommt jedoch grosse Verantwortung – besonders in einer Zeit, in der Vertrauen nicht selbstverständlich ist und gerade deshalb zur wichtigsten Währung wird.
AI ist gekommen, um zu bleiben
AI durchdringt alle Bereiche der Unternehmenskommunikation – von der strategischen Planung bis zur operativen Umsetzung. Aus der Unternehmenskommunikation von Swisscom ist AI nicht mehr wegzudenken. Am weitesten fortgeschritten ist AI in folgenden Einsatzgebieten:
· Content-Produktion und Strategie: Ob Texte, Präsentationen, Grafiken, Bewegtbild, Übersetzungen oder Konzepte – AI agiert als Denkpartner und unterstützt bei der zielgruppengenauen Content-Erstellung und -Verbesserung.
· Monitoring & Predictive Analytics: Real-time-Sentimentsanalyse von Medienberichten, Social Media und internen Feedback-Kanälen – AI erkennt Trends und Stimmungen, bevor sie manuell erfassbar sind.
· KI-gestützte Prozessautomatisierung: Ob automatische Besprechungszusammenfassungen, Analysen von Verträgen, automatisiertes Ticketing oder Prüfung von Materialien auf Markenkonformität – AI unterstützt bei immer mehr Prozessen von Kommunikationsabteilungen.
Diese technologische Revolution ist nicht aufhaltbar. Die entscheidende Frage lautet nicht mehr, ob, sondern wie verantwortungsvoll wir AI in der Kommunikation einsetzen. Ich bin überzeugt: Nachvollziehbare Standards und ethische Leitplanken sind entscheidend für den erfolgreichen Einsatz von AI in der Unternehmenskommunikation. Für uns bei Swisscom war daher klar: Wir müssen als strategisch denkende und handelnde Unternehmenskommunikation ein unternehmensweit gültiges und verbindliches Rahmenwerk erarbeiten, um langfristig den Erfolg der Kommunikation sicherzustellen. Ich bin überzeugt, dass wir mit klaren Richtlinien das Potenzial von AI auf eine Weise ausschöpfen können, die vertrauens- und damit marken- und reputationsstärkend ist.
Vier Säulen der verantwortungsvollen AI-Kommunikation
Wir haben bei Swisscom vier fundamentale Prinzipien definiert, die unseren Umgang mit AI in der Kommunikation leiten. Auf sie stützen sich praktische Handlungsanweisungen, die für alle knapp 20 000 Mitarbeitenden gelten.
Mit positiver Grundhaltung und abgestimmt
Bei Swisscom sehen wir AI als Chance und Werkzeug, um unseren Anspruchsgruppen bessere, relevantere und effizientere Kommunikation zu bieten. Gleichzeitig ersetzen wir nicht menschliche Empathie und Kreativität. AI-Tools verwenden wir in Übereinstimmung mit den ICT-Richtlinien von Swisscom und unter Berücksichtigung unserer risikobasierten AI-Governance, die sich am EU AI Act orientiert, sowie unserer AI- und Daten-Strategie.
Verantwortung: Der Mensch entscheidet
Wir setzen auf menschliches Urteilsvermögen: Kommunikationsverantwortliche Personen bei Swisscom übernehmen immer die volle Verantwortung für jeden Inhalt, der mit AI-Unterstützung entstanden ist – unabhängig vom Automatisierungsgrad. In der Praxis bedeutet dies: mehr Effizienz, aber nicht weniger Sorgfalt. AI beschleunigt Prozesse, reduziert aber nicht die Qualitätsanforderungen.
Transparenz als Differentiator
Wir informieren transparent und verständlich über unseren AI-Einsatz. Transparenz ist kein Nice-to-have, sondern Pflicht. Bei Swisscom kennzeichnen wir vollständig AI-generierte Inhalte konsequent – auch wenn sie perfekt sind. Denn Ehrlichkeit schafft langfristig mehr Vertrauen als perfekte Illusion. Für die operative Umsetzung dieser Richtline haben wir ein vertiefendes Regelwerk entwickelt, etwa dazu, wie wir AI-generierte Texte, Bilder oder Video-Content kennzeichnen oder wie wir sicherstellen, dass Menschen immer wissen, ob sie mit einem anderen Menschen oder einer Maschine interagieren.
Authentizität: Die rote Linie definieren
Wir bleiben authentisch und verbreiten keine irreführenden oder falschen Inhalte. Hier ziehen wir bei Swisscom klare rote Linien. Authentizität bedeutet nicht Perfektion, sondern Wahrhaftigkeit. Der Verwendungszweck bestimmt dabei die ethischen Grenzen. So verzichten wir etwa auf Fake-Testimonials, irreführende Expertenstimmen oder manipulative Produktdarstellungen.
Vertrauen durch Verantwortung
Würden wir nun also einen Avatar unseres CEOs intern eine wichtige Veränderung auf Hindi kommunizieren lassen? Nach unseren aktuellen Richtlinien nicht. Gleichzeitig: AI entwickelt sich rasant. Mit dieser Entwicklung wird sich auch verändern, was wir als authentische und vertrauenswürdige Kommunikation wahrnehmen. Irgendwann werden wir gewiss auch unsere Richtlinien weiterentwickeln, denn AI ist und bleibt eine faszinierende Lernreise. Werden wir auf diesem Weg immer alles richtig machen? Wohl kaum. Was wir aber mit Sicherheit machen: weiter ausprobieren, den Dialog suchen, dabei klüger werden – immer mit grosser Neugierde, Freude an der Technologie und mindestens genauso grossem Verantwortungsbewusstsein. Wenn wir es so anpacken, birgt AI mehr Chancen als Risiken.
