06.11.2024

Presseschau

Das schreiben Medien zur Trump-Wahl

Amerika hat sich entschieden: Donald Trump kehrt nach vier Jahren ins Weisse Haus zurück. Der 78-Jährige kündigte für seine zweite Amtszeit als US-Präsident eine radikale Agenda an, die Amerika und die Welt verändern könnte. Eine Auswahl von Kommentaren in Schweizer Onlineportalen.
Presseschau: Das schreiben Medien zur Trump-Wahl
Wieder Präsident und First Lady: Donald und Melania Trump feiern ihren Wahlsieg im Palm Beach County Convention Center in Florida. (Bild: Keystone/AP Photo/Lynne Sladky)

CH Media

Die US-Amerikaner wollten keine Fortsetzung der Politik des amtierenden Präsidenten Joe Biden. So erklären sich Zeitungen des CH-Media-Verlags den Wahlsieg von Donald Trump.

Der Triumph von Trump sei eine «Dagegen-Wahl», schreibt CH-Media-Chefredaktor Patrik Müller in einer Analyse. Sie sei eine Wahl gegen die Demokratin Kamala Harris. Schon 2016 hätten die US-Amerikaner primär eine Kandidatin verhindern wollen, nämlich Hillary Rodham Clinton. 2020 seien viele Wählerinnen und Wähler frustriert gewesen über Trumps Missmanagement in der Corona-Pandemie.

Nun sei in den USA ein Präsident an der Macht, der mit einer Zustimmungsrate von tiefen 40 Prozent so unbeliebt sei wie noch keiner vor ihm. Seine Politik sei eben auch Harris' Politik. Vor allem Bidens und Harris' Migration, Wirtschafts- und Identitätspolitik sei bei der Wählerschaft schlecht angekommen.

Neue Zürcher Zeitung

Die US-Amerikaner hätten mit der Wahl von Donald Trump eine hochriskante Wette abgeschlossen. So kommentiert die Neue Zürcher Zeitung die Wahlresultate aus den USA.

Natürlich gälten die sogenannten «Checks and Balances», also die wechselseitige Kontrolle der Verfassungsorgane gemäss US-Verfassung, auch für Trump. Doch sei er unberechenbar. Die Möglichkeit bleibe, dass sich der neue US-Präsident um solches foutiere und «ein ungesehenes Chaos in Washington und dem Weltparkett anrichtet».

Trump habe als schwerreicher Unternehmer in Wirtschaftskreisen von einer hohen Glaubwürdigkeit profitiert. Auch habe er eine Wählergruppe mobilisieren können, welche «sonst selten hinter dem Computer hervorkommt: junge Männer, und zwar aller Couleur». Trump habe auch aus der starken Migration unter Joe Biden und den gestiegenen Lebenshaltungskosten Gewinn geschlagen.

Tamedia-Zeitungen

«Das Trump-Zeitalter erreicht seinen Höhepunkt»: So überschreiben die Tamedia-Zeitungen ihren Kommentar zur US-Präsidentenwahl. In Moskau und Pjöngjang dürften die Krimsekt-Korken geknallt haben. Das hilf-, kopf- und kraftlose Europa müsse sich wie die Ukraine warm anziehen.

Donald Trump habe angekündigt, was er vorhabe, hiess es im Kommentar vom Mittwoch. Die für die Demokratie essenzielle Gewaltenteilung habe er bereits in der ersten Amtszeit ignoriert. Nun werde er die Blaupause für einen tiefgreifenden antidemokratischen Umbau umsetzen. Er werde Millionen Migranten ausschaffen lassen, um sich gute Umfragewerte zu sichern.

Für Europa, die EU und die Nato sehen die Tamedia-Zeitungen eine schwierige Zukunft. Trump pflege lieber Umgang mit Autokraten, das entspreche seinem Naturell. Wladimir Putin hoffe auf einen günstigen Ausgang des Ukraine-Kriegs, Kim Jong-Un auf eine Wiederbelebung der «Love Affair».

Neben den Autokraten freuten sich auch die Trump-Bewunderer in Westeuropa. Nun strahle der Leuchtturm der Rechtspopulisten wieder. Auch Bundesrat Albert Rösti dürfte sich freuen, habe er doch seine Präferenz für Trump bekannt gemacht.

Le Temps

Nach der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten reagiert die Westschweizer Zeitung Le Temps mit unverhohlener Enttäuschung. So viele Träume seien im Abfall gelandet, schreibt sie am Mittwoch in einem Kommentar. Nun gelte es, das demokratische Resultat anzuerkennen und anderswo Führer für eine bessere Welt zu suchen.

«Make America great again» werfe die USA auf sich selbst zurück, ein Amerika, das gespalten sei. Das Land sei eine Macht, die dem Bild dieses karikaturhaften Präsidenten entspreche: egoistisch, auf sich selbst und die eigenen Interessen konzentriert.

Ob Trump seinen Ankündigungen Taten folgen lasse, sei nicht garantiert. Das würde ihm wohl zu viele Fronten eröffnen und ihn unnötig in Schwierigkeiten bringen. Dies sei die optimistischste Version, die Wahl des 47. Präsidenten zu betrachten. (sda/cbe)


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