16.01.2025

Weltwoche

Köppel auf kyrillisch

Die Wochenzeitung WOZ beleuchtet mit einer umfassenden Recherche die Entwicklung der Weltwoche und ihres Verlegers Roger Köppel zu einem der wichtigsten Fürsprecher des Putin-Regimes in der Schweizer Medienlandschaft.
Weltwoche: Köppel auf kyrillisch
Wie sich der Publizist Moskau annäherte: grosse WOZ-Recherche zum russlandfreundlichen Kurs der Weltwoche. (Bild: Ausschnitt aus Titelseite WOZ 16. Januar 2025)

Die Hinwendung Köppels zu Russland habe während seiner Zeit als Welt-Chefredaktor vor zwanzig Jahren in Berlin begonnen, schreibt die Wochenzeitung in ihrer aktuellen Ausgabe. Dort lernte er den damaligen russischen Botschafter Wladimir Kotenjow kennen. Nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar 2022 habe sich Köppels Pro-Putin-Kurs dann deutlich akzentuiert, heisst es in der WOZ.

Köppel selber schweigt und schreibt

Fünf Redaktorinnen und Redaktoren der WOZ analysierten die umfangreiche Medienproduktion Köppels in Print und Video, besuchten Weltwoche-Veranstaltungen wie den sogenannten Friedensgipfel mit dem serbischen Präsidenten Vučić im Zürcher Dolder Grand, sprachen mit Fachleuten und recherchierten im Umfeld der russischen High Society in der Schweiz.

Viele Auskunftspersonen wollten sich nur anonym äussern, selbst manche SVP-Parlamentarier wagten nur hinter vorgehaltener Hand Kritik. Köppel selbst verweigerte der WOZ ein Gespräch («Alles ist gesagt und kann nachgelesen oder nachgehört werden.»), beantwortete aber Fragen schriftlich.

In seiner Berichterstattung übernehme Köppel weitgehend die Narrative der russischen Staatspropaganda, heisst es: Er stelle den Krieg als vom Westen provoziert dar, relativiere russische Kriegsverbrechen und präsentiere Putin als «Mann des Friedens», schreibt die WOZ. Langjährige Autoren wie der Kriegsreporter Kurt Pelda und der Kolumnist Henryk M. Broder wandten sich von der Weltwoche ab.

YouTube als wichtiges Sprachrohr

Köppels Russland-Kurs findet ein wachsendes Publikum: Sein YouTube-Kanal verzeichnet seit Kriegsbeginn stark steigende Zuschauerzahlen, besonders bei Russland-Themen. Regelmässig spricht er in den Videos mit Putin-freundlichen Politikern, wie Viktor Orbán oder Aleksandar Vučić. Zu ihnen pflegt er eine enge Verbindung mit den Interviews oder der Einladung zu Weltwoche-Events.

Die von der WOZ befragte Slawistin Sylvia Sasse ordnet Köppels Aktivitäten in das System der russischen Propaganda ein: Diese funktioniere heute weniger über plumpe Fake News, sondern über «sanfte Erzählungen», die je nach Region angepasst werden. Köppel übernehme dabei die typische Methode der «Verkehrungen ins Gegenteil» – etwa wenn er den Aggressor Putin zum Friedensstifter umdeutet.

«Genuin schweizerisches Putinverstehertum»

Der Osteuropa-Experte Ulrich Schmid sieht in Köppels Haltung ein «genuin schweizerisches Putinverstehertum»: Anders als deutsche Putin-Versteher von links (Anti-Amerikanismus) oder rechts (kultureller Nationalismus) deute Köppel die Weltpolitik als «Allegorie des Schweizer Freiheitskampfs». Putin erscheine ihm als Verteidiger nationaler Souveränität gegen die EU.

Für die SVP scheint Köppels Putin-Nähe kein Problem zu sein. Alt-Bundesrat Christoph Blocher lobt sogar, dass sich Köppel «um die Verachteten und Ausgestossenen der EU» kümmere – womit er auch Putin meint. Die Entwicklung der «Weltwoche» unter Köppel zeigt exemplarisch, wie rechtspopulistische Medien zu Verstärkern autoritärer Propaganda werden können.

Der Artikel macht deutlich, wie Köppel systematisch russische Propaganda-Narrative übernimmt und verbreitet, dabei aber stets vorgibt, nur eine «andere Sicht» zu präsentieren. Seine Motivation scheine eine Mischung aus ideologischer Überzeugung, kommerziellem Kalkül und der Suche nach maximaler Provokation des «Mainstreams» zu sein, analysiert die Wochenzeitung. (nil)


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KOMMENTARE

Karl Wild
17.01.2025 11:18 Uhr
Während sesselfurzende Journis und die unvermeidlichen "Experten" (zitiert werden nur jene, die die "richtige" Meinung haben) kaum aus ihren Büros hinauskommen, bereist Köppel die ganze Welt und unterhält sich auch mit Leuten, die nicht seiner Meinung sind. Könnte es sein, dass er einen etwas breiteren Horizont hat, dass er gar nicht immr so schief liegt?

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