24.05.2023

Verleumdung

Michèle Binswanger wird schuldig gesprochen

Das Basler Strafgericht hat am Mittwoch die Tages-Anzeiger-Journalistin zu einer Geldstrafe verurteilt. Das Gericht kam zum Schluss, dass Binswanger mit einem Tweet die ehemalige Zuger Kantonsrätin Jolanda Spiess-Hegglin verleumdet hat.
Verleumdung: Michèle Binswanger wird schuldig gesprochen
Michèle Binswanger vor dem Basler Strafgericht. (Bild: Keystone/Georgios Kefalas)

Michèle Binswanger wurde zu einer bedingten Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu 200 Franken bei einer Probezeit von zwei Jahren verurteilt. Zudem muss sie eine Parteientschädigung von 13'000 Franken bezahlen.

Grund dafür ist ein Tweet, den die Journalistin im Jahr 2020 verfasste. Darin schrieb sie, Spiess-Hegglin bezichtige seit 5,5 Jahren einen Unschuldigen der Vergewaltigung. Dabei bezog sie sich auf einen Vorfall zwischen Spiess-Hegglin und dem damaligen Kantonsratskollegen Markus Hürlimann (SVP) anlässlich der Zuger Landammann-Feier im Dezember 2014.

«Das ist massiv ehrverletzend und wurde wider besseres Wissen geschrieben», sagte der Basler Gerichtspräsident bei der Urteilsbegründung. Binswanger hatte sich zu ihrer Verteidigung auf Aussagen über Spiess-Hegglin in einem Urteil des Zuger Obergerichts aus dem Jahr 2021 gestützt.

Dort stand, dass die ehemalige Politikerin in den Medien den Eindruck erweckt habe, Opfer eines Sexualdelikts geworden zu sein. Dies sei aber nicht das Gleiche, wie jemanden falsch zu beschuldigen, hielt der Gerichtspräsident fest.

Richter: «Bashing» und fehlende Einsicht

Beim Strafmass ging das Strafgericht noch weiter als die Staatsanwaltschaft. Diese hatte eine bedingte Geldstrafe von 45 Tagessätzen zu 200 Franken beantragt. Der Gerichtspräsident begründete die Erhöhung auf 60 Tagessätze damit, dass der Tweet eine hohe Reichweite gehabt habe.

Binswanger habe «ohne erkennbare Motive» das «Bashing» gegen Spiess-Hegglin damit weitergeführt und sei trotzdem der Ansicht, «alles absolut richtig» gemacht zu haben, sagte der Gerichtspräsident.

Der Antrag von der Privatklägerschaft, dass Binswanger das Urteil auf ihrem Twitter-Account während zwei Wochen anpinnen soll, wurde abgelehnt. Für eine Genugtuung verwies der Gerichtspräsident auf den Zivilweg.

Der Verteidiger von Binswanger hatte einen Freispruch gefordert. «Jolanda Spiess-Hegglin hat sich mehrmals öffentlich geäussert – es muss zulässig sein, ihre Äusserungen kritisch zu hinterfragen», sagte er. Der Tweet der Journalistin habe sich auf das Verhalten und Äusserungen der alt Kantonsrätin abgestützt.

Der Schuldspruch ist noch nicht rechtskräftig. Wie der Anwalt von Binswanger gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA sagte, werde er noch mit seiner Mandantin besprechen, ob das Urteil weitergezogen wird. Spiess-Hegglin verfolgte den Prozess als Zuschauerin mit. (sda/cbe)


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