Im Januar 2023 wandte sich das Onlinemagazin Zentralplus.ch an den Presserat, nachdem die Stadt Luzern der Redaktion ein Rechercheverbot auferlegen wollte. Das Magazin hatte zu einer Meldung mit Sperrfrist bei involvierten Akteuren Stellungnahmen eingeholt. Das betrachteten die Luzerner Behörden als Bruch der Sperrfrist und intervenierten bei der Redaktion.
In seiner nun veröffentlichten Stellungnahme hält der Presserat fest, dass Sperrfristen ausschliesslich als Publikationssperren zu verstehen sind. Ein Rechercheverbot sei «grundsätzlich nicht vereinbar mit der verfassungsrechtlich geschützten Informationsfreiheit». Journalistinnen und Journalisten dürfen demnach auch vor Ablauf einer Sperrfrist bei Fachleuten und Betroffenen Informationen einholen.
Sperrfristen sind in der Schweizer Medienlandschaft gängige Praxis. Sie werden etwa vom Bundesgericht, dem Bundesrat und kantonalen Behörden eingesetzt. Die informelle Vereinbarung sieht vor, dass Medien Informationen vorab erhalten, sich aber verpflichten, diese erst zum festgelegten Zeitpunkt zu veröffentlichen. Dies ermöglicht Redaktionen, sich einzuarbeiten und Hintergründe zu recherchieren.
Der Presserat betont in seiner Stellungnahme, dass Sperrfristen grundsätzlich kurz zu halten sind – meist nur wenige Stunden, maximal einige Tage. Ein Bruch der Sperrfrist kann laut Presserat gerechtfertigt sein, wenn ein überwiegendes öffentliches Interesse an einer früheren Veröffentlichung besteht. In solchen Fällen müssen Medien die Quelle vorab informieren. (pd/nil)