07.01.2025

Zivadiliring

SRF kippt Podcast wegen neuer Hausregeln

Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) hat die auslaufenden Verträge mit den Podcasthosts Gülsha Adilji, Maja Zivadinovic und Yvonne Eisenring nicht verlängert. Deren kommerzielle Aktivitäten verstossen gegen neue SRF-Bestimmungen.
Zivadiliring: SRF kippt Podcast wegen neuer Hausregeln
Das offizielle Bild zum Start des Podcasts «Zivadiliring» 2021 mit den drei Hosts (von links) Gülsha Adilji, Maja Zivadinovic und Yvonne Eisenring. (Bild: zVg/SRF)

Drei Frauen um die vierzig besprechen die Widrigkeiten des Alltags, diskutieren die grossen Fragen des Lebens und teilen ihre verrücktesten Erlebnisse – und zwar so, als würde niemand zuhören. Aber es hören Tausende, ja Zehntausende zu.

Auftritt im ausverkauften Hallenstation

Der 2021 lancierte Podcast «Zivadiliring» fand schnell ein treues und grosses Publikum – auch mit Liveauftritten, etwa im Zürcher Club Kaufleuten oder im kommenden Herbst im ausverkauften Hallenstadion. Der Podcast wurde zu einem der erfolgreichsten Angebote von SRF und einem der meistgehörten in der Schweiz überhaupt.

Wie am Dienstag Blick zuerst meldete, verabschiedet sich SRF von «Zivadiliring» und führt den Podcast ab sofort nicht mehr weiter. Im Laufe des Tages bestätigte SRF seinen Entscheid, die Ende 2024 ausgelaufenen Verträge mit den drei Frauen des Podcasts nicht zu verlängern.

Seit September 2024 liefen Gespräche mit den drei Hosts über die Verlängerung ihres Engagements. Im Rahmen dieser Gespräche habe SRF entschieden, die Verträge nicht zu verlängern und den Podcast in den freien Markt zu entlassen, heisst es in einem Statement des Medienunternehmens.

So begründet SRF die verschärften Regeln

Als Grund für den Entscheid nennt SRF neue Bestimmungen bezüglich kommerzieller Aktivitäten und Werbeengagements von Mitarbeitenden. Die ausgelaufenen Verträge enthielten noch keine Vorgaben dazu. «Zum Zeitpunkt der Vertragsschliessung fehlten im Audiobereich von SRF solche Cases. Entsprechende Regelungen waren daher noch nicht üblich», begründet SRF die nun erfolgte Verschärfung. Inzwischen würden Regelungen über kommerzielle Aktivitäten in sämtlichen SRF-Verträgen dieser Art einheitlich festgehalten. Die publizistischen Leitlinien von SRF besagen unter anderem, dass «werbliche und kommerzielle Auftritte sowie Kampagnenbeteiligung» für alle publizistisch tätigen SRF-Mitarbeitenden ausgeschlossen seien. «Die Glaubwürdigkeit von SRF basiert stark auf der publizistischen Unabhängigkeit», schreibt das Unternehmen auf Anfrage.

Im Fall von «Zivadiliring» ging es um einen Werbevertrag von Gülsha Adilji mit der Swisscom, der offenbar zum Stein des Anstosses wurde. Die ehemaligen SRF-Podcasterinnen verteidigen ihre kommerziellen Aktivitäten. «Da wir nicht nur vom Podcast leben können, müssen wir andere Engagements annehmen können», zitiert sie der Tages-Anzeiger. Dessen sei sich auch SRF bewusst gewesen und man habe nach Lösungen gesucht. Im Laufe der Vertragsverhandlungen, so die Darstellung der Frauen, habe SRF dann aber einen Grundsatzentscheid gegen eine Weiterführung gefällt, auch «wenn wir auf jegliche Werbungen und andere Engagements verzichtet hätten.» Warum sich SRF dennoch für die Trennung entschied, erklärt das Unternehmen nicht abschliessend. Bei solchen Entscheiden spielten verschiedene Faktoren und strategische Überlegungen eine Rolle, heisst es dazu lediglich. 

«Schade, ein so authentisches Angebot loszulassen»

Gut möglich, dass es bei SRF zur Zukunft des Erfolgspodcasts unterschiedliche Meinungen gab und nicht alle am gleichen Strang zogen. Darauf weisen etwa die Worte des Bedauerns der zuständigen Angebotsverantwortlichen und früheren Produzentin des Podcasts hin. «Der Entscheid ist uns nicht leichtgefallen», wird Anita Richner in einer Mitteilung von SRF zitiert. Es sei «schade, ein so erfolgreich etabliertes und authentisches Angebot wie ‹Zivadiliring› loszulassen», so Richner weiter. Gegenüber Bluewin zitieren die Podcasterinnen zudem ein überschwängliches Lob von Richner, das sie noch Ende November geäussert haben soll. Also zu einem Zeitpunkt, als der Entscheid schon gefällt war oder kurz bevorstand. SRF informierte die Hosts Anfang Dezember 2024 über die Trennung.

In ihrem Statement, das SRF als erste offizielle Reaktion auf die Blick-Meldung zur Trennung verschickte, äussert sich Richner nicht zu den verschärften Regeln, sondern beschreibt die Trennung als Entlassung in die Freiheit. SRF verstehe sich auch als Förderin von innovativen Angeboten, «damit sie sich anschliessend im Markt entfalten können. Bei ‹Zivadiliring› sehen wir ein grosses Marktpotenzial.» Ein Potenzial, von dem auch SRF weiterhin hätte profitieren können. Die von Richner mitverantwortete Angebotsfokussierung des Kulturangebots von SRF setzt genau auf solche reichweitenstarke Formate wie «Zivadiliring» mit einer hohen Wertschätzung bei einem Publikum unter 45.

In einem nachträglich veröffentlichten Statement stellt die Angebotsverantwortliche Anita Richner klar, der Entscheid, sich vom Podcast zu trennen, sei «richtig, «weil sich inzwischen zeigt, dass das Angebot ein grosses Potenzial hat und sich ziemlich sicher privat finanzieren lässt.»

«Unser Studio ist jedenfalls immer für euch offen»

In der Tat kann ein Erfolgspodcast auch ohne SRF weitermachen. Kaum war die Nachricht von der Trennung öffentlich geworden, meldete sich Nico Leuenberger von der Agentur Podcastschmiede mit einer klaren Ansage auf LinkedIn: «Was ich auf jeden Fall weiss: Der Podcast wird weitergehen. Der Podcast muss weitergehen. Unser Studio ist jedenfalls immer für euch offen.» Und weiter: «Die Gespräche laufen.»


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KOMMENTARE

Peter Martin
08.01.2025 08:11 Uhr
Richtiger Entscheid. Es kann nicht sein, dass mit Gebührengelder System-unrelevante Podcasts finanziert werden.

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