Erhält Basel den Zuschlag, wird laut Regierungspräsident Conradin Cramer (LPD), die St. Jakobshalle zum Haupt-Austragungsort des ESC. Die Kosten schätzt die Regierung auf 30 bis 35 Millionen Franken.
Wird Genf dagegen zum Schauplatz des grössten Gesangswettbewerbs der Welt, würde das Palexpo-Messegelände direkt beim Flughafen zur Austragungsstätte. Die Kosten hier werden gemäss Stadtpräsidentin Christina Kitsos (SP) auf rund 30 Millionen Franken geschätzt.
163 Millionen Menschen schauten den ESC
Der künftige Austragungsort darf mit einem riesigen Werbeeffekt rechnen. Schliesslich schauten im vergangenen Mai während den drei TV-Liveshows aus dem schwedischen Malmö 163 Millionen Menschen zu – laut dem Schweizer Fernsehen waren es knapp 800'000 alleine in der Schweiz.
Jean-Marc Richard, der den Song Contest seit über 30 Jahren für das Westschweizer Fernsehen RTS kommentiert, räumt Basel grössere Chancen für die Austragung ein. Gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA sagte er, das Interesse für den ESC sei in der Deutschschweiz grösser.
Zwar sei die Resonanz in der Westschweiz seit dem dritten Platz des Freiburgers Gjon's Tears 2021 gestiegen. Die Deutschschweiz weise aber eine grössere Nähe zum Englischen und zu den Unterhaltungsformaten der Eurovision auf.
Hotelpreise gehen durch die Decke
Schon vor der Bekanntgabe der beiden finalen Städte am 19. Juli schossen zumindest in Basel die Hotelpreise für Mai, wenn der ESC stattfinden soll, durch die Decke, wie die Nachrichtenagentur DPA berichtete. Sie bezog sich dabei auf die von der Webseite eines Vier-Sterne-Hotels entnommenen Zimmerpreise, die sich demnach auf über 6000 Franken pro Nacht beliefen.
Auf telefonische Reservierungsanfrage ist dieser Preis der Agentur bestätigt worden. Auf Nachfrage habe es dann geheissen, dass wegen der ESC-Vorbereitungen noch keine Preise genannt würden. In Genf hielt man sich demnach zufolge mit 399 Franken pro Nacht in einem Vier-Sterne-Hotel nahe beim Messegelände noch im bescheideneren Rahmen.
Widerstand von rechts gegen den ESC
Die Aussicht auf den ESC sorgte in beiden Städten gemäss deren Regierungen mehrheitlich für Jubel, doch es formierte sich auch Widerstand. So drohte die Junge SVP Genf etwa mit einem Referendum, sollte die Stadt den Zuschlag erhalten. «Während viele wichtige Bereiche finanzielle Unterstützung benötigen, ist es nicht zu rechtfertigen, Millionen für eine so kontroverse Veranstaltung auszugeben», teilte die Junge SVP mit.
Auch die Eidgenössisch-Demokratische Union (EDU) hatte im Juli ein Referendum gegen die verschiedenen ESC-Kredite der Bewerberstädte angekündigt. Diese sollen dem Volk zur Abstimmung vorgelegt werden, forderte die EDU.
Das Risiko von Referenden fliesse in die Bewertung der Städte, welche sich für die Austragung des ESC beworben haben mit ein. «Das Zustandekommen eines Referendums würde noch nicht zwingend bedeuten, dass die Stadt die vereinbarten Leistungen nicht erbringen kann. Es bedeutet vorerst nur, dass es zu einer Volksabstimmung kommt», sagte der Leiter der SRG Medienstelle, Edi Estermann, auf Anfrage von Keystone-SDA.
ESC wird auf jeden Fall stattfinden
Falls in der Volksabstimmung der Kredit abgelehnt würde, so sehe der Vertrag mit der Stadt vor, was dann geschieht. Der ESC werde auf jeden Fall stattfinden, hiess es weiter. Im Zentrum stehe die Fernsehshow, die 150 bis 200 Millionen Zuschauende erreicht. Die übrigen Events müssten in diesem Fall hinterfragt werden.
Bevor Zürich aus dem Rennen als Austragungsort ausgeschieden ist, machte sich auch dort Unmut von Seiten der Jungen SVP und vom Bund der Steuerzahler breit. Sie ergriffen das Referendum gegen den 20-Millionen-Kredit der Stadt. Ähnlicher Gegenwind machte sich auch in Bern bemerkbar. Exponenten der SVP und der Grün-Alternativen Partei hatten den Referendumsbogen zur Vorprüfung eingereicht.
Wo der Grossanlass auch stattfinden wird: Er wird historisch. Denn mit Nemos Sieg mit dem Song «The Code» beim diesjährigen ESC in Malmö, Schweden, kommt der Gesangswettbewerb erstmals seit 36 Jahren zurück in die Schweiz. Traditionsgemäss findet der Wettbewerb jeweils im Land der Siegernation des Vorjahres statt.
Schon zwei Mal in der Schweiz
1988 gewann Céline Dion mit dem Song «Ne partez pas sans moi» den Gesangswettbewerb für die Schweiz in Dublin, worauf er im darauffolgenden Jahr im Palais de Beaulieu in Lausanne durchgeführt wurde.
Am 24. Mai 1956 fand der erste «Grand Prix Eurovision de la Chanson» – wie der Wettbewerb damals noch hiess – im Teatro Kursaal in Lugano statt. Für die Schweiz ging Lys Assia an den Start, die mit ihrem Lied «Refrain» gleich am meisten Punkte holte. (sda/nil)