23.04.2025

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«Glückliche Menschen neigen dazu, grosszügiger zu sein»

Dandan Pang ist Professorin für Achtsamkeit und positive Leadership am Institut für New Work der Berner Fachhochschule und referiert am SwissFundraisingDay vom 19. Juni 2025 zum Thema «Glück und Spenden». Wir haben Sie zum Gespräch gebeten.
Ausgabe 04/2025: «Glückliche Menschen neigen dazu,  grosszügiger zu sein»
Dandan Pang konzentriert sich in ihrer Forschung auf die Messung, Charakterisierung und Förderung des Wohlbefindens von Mitarbeitenden am Arbeitsplatz.

Interview: Roger Tinner Bilder: zVg

Dandan, du bist Glücksforscherin. Wie bist du auf dieses Thema gekommen und warum interessiert es dich?

Wie die meisten Psychologinnen und Psychologen wollte ich ursprünglich Psychotherapeutin werden, als ich mein Studium begann. Doch im Laufe der Zeit wurde mir klar, dass es nicht ausreicht, lediglich Symptome des Leidens zu lindern – denn am Ende bleibt oft nur eine leere Hülle zurück. Ich begann mich daher dafür zu interessieren, warum und wie Menschen ein erfülltes und sinnstiftendes Leben führen können.

Wie kann «Glück» als Emotion überhaupt wissenschaftlich erforscht bzw. «gemessen» werden? Wie definiert man «Glück» wissenschaftlich?

Der Begriff Glück wird in der Wissenschaft oft als subjektives Wohlbefinden definiert. Diese Definition umfasst sowohl kognitive als auch emotionale Komponenten: Einerseits die generelle Zufriedenheit mit dem eigenen Leben und den erreichten Zielen, andererseits die Häufigkeit und Intensität positiver Emotionen wie Freude, Erleichterung oder sogar Schadenfreude.

Die Messung von Glück erfolgt auf unterschiedliche Weise. Das kann durch subjektive Selbstberichte – mittels Fragebögen und Umfragen, in denen Menschen ihre eigene Lebenszufriedenheit und Emotionen bewerten –, aber auch Verhaltensbeobachtungen (beispielsweise die Analyse von Mimik, insbesondere das Lächeln) geschehen. Es gibt auch physiologische Ansätze mit neurowissenschaftlichen Methoden, hormonellen Markern (Konzentration von Neurotransmittern wie Oxytocin, Dopamin oder Serotonin) oder kardiovaskulären Indikatoren (Herzfrequenzvariabilität und Blutdruck).

Kürzlich ist der World Happiness Report erschienen, in dem vor allem nordische Staaten die Rangliste dominieren. Was ist der Grund dafür?

Laut dem World Happiness Report sind die folgenden sechs Faktoren die wichtigsten, die das durchschnittliche Glücksniveau in verschiedenen Ländern beeinflussen: wirtschaftlicher Wohlstand, Gesundheit, soziale Unterstützung, Freiheit in Lebensentscheidungen, Grosszügigkeit und geringe Korruption. Die nordischen Länder schneiden in all diesen sechs Bereichen besonders gut ab. Was mich besonders überrascht, ist, dass die nordischen Länder auch in der Dimension Benevolenz – also Grosszügigkeit gegenüber anderen – an der Spitze liegen.

Was genau misst dieser Report und warum ist die Schweiz hier «nur» auf Platz 13? So gut, wie es uns geht, müssten wir da nicht weiter vorne sein? 

Der World Happiness Report bewertet Glück anhand der kognitiven Komponente (Lebenszufriedenheit) und der emotionalen Komponente (Häufigkeit positiver und negativer Emotionen).

Was das Ranking der Schweiz anbelangt: Platz 13 ist doch bereits eine sehr gute Platzierung? Die Schweiz gehört immer noch zu den glücklichsten Ländern der Welt. Dennoch gibt es einige Faktoren, die meiner Meinung nach erklären könnten, warum sie nicht ganz an der Spitze steht: Sie ist zum Beispiel stark individualistisch geprägt. Menschen wahren höflichen Abstand, was zu weniger sozialem Austausch und potenziell zu Einsamkeit führen kann. Sie ist zudem stark leistungsorientiert, und die Menschen arbeiten im Vergleich zu anderen westeuropäischen Ländern tendenziell mehr Stunden pro Woche. Die hohe Arbeitsbelastung und der damit verbundene Druck führen oft zu Stress und lassen weniger Raum für Erholung und soziale Aktivitäten. Gleichzeitig erschweren hohe Kinderbetreuungskosten und begrenzte Elternzeitregelungen insbesondere Frauen die Vereinbarkeit von Karriere und Familie. Ein weiteres Thema sind der Erfolgsdruck und der Umgang mit Scheitern: Erfolg wird erwartet und ist sichtbar, aber über Misserfolge wird kaum gesprochen – dabei wäre genau das wichtig für Resilienz. Eine Kultur, die Scheitern als Lernprozess akzeptiert, könnte langfristig zu mehr Wohlbefinden beitragen.

In deinem Keynote-Referat am SwissFund-raisingDay wird es auch um die Beziehung von «Glück» und «Spenden» gehen. Spenden glückliche Menschen lieber als andere oder macht Spenden glücklich? Was ist hier deine These?

Die Forschung zeigt, dass prosoziales Verhalten – insbesondere Spenden und gemeinnützige Aktivitäten – einen positiven Zusammenhang mit dem subjektiven Wohlbefinden aufweist. Allerdings sind viele dieser Studien querschnittlich, sodass die Kausalrichtung unklar bleibt: Spenden glückliche Menschen lieber, oder macht Spenden glücklich? Wahrscheinlich gibt es eine wechselseitige Beziehung: Glückliche Menschen neigen dazu, grosszügiger zu sein, und grosszügiges Verhalten kann wiederum das persönliche Wohlbefinden fördern.

Was dürfen die Teilnehmenden des SwissFundraisingDay von deinem Referat erwarten?

In meinem Referat werde ich sowohl meine eigenen Forschungsergebnisse zu Freundlichkeit, prosozialem Verhalten und Wohlbefinden vorstellen als auch die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse zu diesem Thema präsentieren. Zusätzlich werde ich evidenzbasierte Strategien erläutern, wie durch Spenden eine möglichst grosse positive Wirkung erzielt werden kann – sowohl für die Spenderinnen und Spender als auch für die Empfängerinnen und Empfänger.

Und was erwartest du? Kann das Halten einer Keynote auch zu deinem Glück beitragen?

Viele neue Verbindungen zu schaffen und gleichzeitig etwas Sinnvolles beizutragen – genau das ist für mich zentral, um glücklich zu sein. Natürlich erwarte ich, dass ich vor dem Vortrag ein wenig nervös bin, aber das ist der richtige Grad an Stress, um mich zu motivieren und die nötige Energie in die Vorbereitung meiner Präsentation zu investieren.

Was bedeutet «Glück» für dich persönlich?

Für mich persönlich bedeutet «Glück», in Momenten der Achtsamkeit mit meinen engen Freunden zusammen zu sein, zum Beispiel bei einer Tasse Tee und einem tiefgehenden Gespräch. Es geht um die Verbindung mit anderen, das Geniessen der Gegenwart, das Pflegen bedeutungsvoller Beziehungen und darüber hinaus darum, über etwas Sinnvolles zu sprechen. 

                                                                                                                              

SwissFundraisingDay 2025

Am 19. Juni 2025 trifft sich im Kursaal Bern wieder die Schweizer Fundraising-Szene. Der diesjährige SwissFundraisingDay widmet sich dem Thema «Welt und Gesellschaft im Umbruch – Fundraising im Zeiten- und Generationenwechsel». 

Das vielfältige und spannende Programm sowie das Anmeldeformular finden Sie unter swissfundraisingday.ch.

                                                                                                                              

Dandan Pang

Dandan Pang ist Professorin für Achtsamkeit und positive Leadership am Institut für New Work der Berner Fachhochschule. Ihre Forschung konzentriert sich auf die Messung, Charakterisierung und Förderung des Wohlbefindens von Mitarbeitenden am Arbeitsplatz. Dabei nutzt sie Methoden wie psycho-metrische Tests, computergestützte Sprachanalysen und Interventionen der positiven Psychologie. In diesem Zusammenhang befasst sie sich auch mit der Frage, was Glück ist, wie wir Glück empfinden und welche Faktoren zu Glück beitragen. Zudem ist sie verantwortlich für das Modul «Angewandte Glücksforschung» an der Berner Fachhochschule.


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