"Für junge Publikationen wie 20 Minuten und Metropol ist es absolut nötig, Events zu veranstalten, um Wirbel auszulösen und ins Gespräch zu kommen", sagt Urs Renner, Chef von The Media Edge, der Mediaagentur von Advico Young & Rubicam. "Solche Marketingmassnahmen sind erfolgversprechend." Der Ratschlag des Mediaprofis wird von beiden Gratiszeitungen befolgt, wobei 20 Minuten in diesem Bereich noch etwas aktiver auftritt als Metropol. So lädt 20 Minuten etwa zu einem Abend mit Big-Brother-Star Stefan ein, war Medienpartner bei einer Halloween-Party in Zürich, unterstützt eine Chart-Party in Basel, verloste Gratis-CDs für Britney Spears, offeriert reduzierte Preise auf Billette für ein Cabaret-Musical und bringt fast täglich ein Leser-Spiel ins Blatt.
"Ziel dieser Aktionen ist die Leserbindung zu stärken", sagt 20 Minuten-Verlagsleiter Rolf Bollmann. Denn anders als bei abonnierten Zeitungen fällt es einer Pendlerzeitung besonders schwer, eine Leserbindung zu schaffen. Jeden Tag landen unzählige Angebote für Medienpartnerschaften auf den Pulten der Redaktionen. "Wichtig ist, dass die Aktionen zu unserer Zielgruppe der 14- bis 29-Jährigen passen", sagt Bollmann und betont: "Ich bin stolz, wenn wir Schülerzeitung genannt werden. Denn schliesslich beeinflussen die Kinder auch das Kaufverhalten ihrer Eltern."
Ein Ausrutscher
Doch einige Aktionen von 20 Minuten liegen quer zur anvisierten jungen Leserschaft. So etwa ein Hammerspiel, bei dem die Gewinner teure Burgunder-Weine gewinnen können. "Das ist ein Ausrutscher", gibt Rico Brazerol, Mediamanager von 20 Minuten zu. "Trotzdem war die Resonanz auf dieses Spiel riesig - auch bei jungen Leuten", erklärt er. Auch die Vergünstigungen auf Billette für Musicals, die eher ein älteres Publikum ansprechen, seien ein Test. "Bis Ende Jahr sind wir noch in der Phase 1", sagt Brazerol, "wo wir noch vieles ausprobieren." Bemerkenswert ist, dass die Leser vor allem über E-Mails reagieren: Bei Verlosungen von Gratis-CDs stürzte deshalb fast der Server ab.
Auch Metropol legt grosses Gewicht auf PR-Aktionen. "Damit wollen wir Leser binden, die Werbung verstärken, und langfristig sollen die Aktionen auch Profit abwerfen, indem wir Kommissionen auf angebotene Artikel oder Veranstaltungen erhalten", sagt Metropol-Verlagsleiter Urs Zeier. Die Resonanz der Leser sei riesig, etwa auf Extraangebote für Miniscooter. Innerhalb von zwei Tagen seien 1200 bestellt worden. Auch würden sie als Medienpartner kulturelle Angebote fördern wie "Karls Kühne Gassenschau" oder den Comedy Award und mit einem Städtespezialist eine Reise nach Kopenhagen anbieten. Zwar richtet sich das Gratisblatt an Berufstätige, offeriert aber auch vergünstigte Tickets für eine Halloween-Party in der Kantonsschule.
"Im Moment ist es noch sehr beliebig, was die Gratiszeitungen an Leserbindungsaktionen anbieten", kritisiert Optimedia-Chef Andy Lehmann. Das Angebot müsse zu den Lesern passen, und vergünstigte Billette dürfen nicht für Veranstaltungen angeboten werden, an die ohnehin kaum einer hingehe. "Gute Aktionen sind aber sehr wichtig, damit die Leser das Blatt regelmässig konsultieren und neugierig blättern: Was wird heute wieder angeboten?" Die Boulevardzeitung Blick habe diese Strategie jahrelang erfolgreich mit dem Konzertveranstalter Good News und dem Bingo-Spiel vorgemacht.
Bald eine Clubkarte
Beide Pendlerzeitungen wollen ihre Eventstrategie noch verstärken und ihre Angebote ausweiten. So möchte Metropol bald einen Club einführen, der als Begriff und Logo bereits in der Zeitung auftaucht. Dazu will das Blatt eine Clubkarte gratis abgeben, die verschiedene Vergünstigungen anbieten soll. In Schweden konnte das Mutterblatt bereits 300'000 Clubmitglieder gewinnen. International will Metropol mit ihren Schwester-Zeitungen zusammenarbeiten, die in 14 Ländern präsent sind. Die Leser sollen zum Beispiel Vergünstigungen für Hotelketten in diesen Ländern erhalten.
Nächstes Jahr will 20 Minuten den Eventbereich zusammen mit dem Internetportal kräftig ausbauen. Das Blatt, das eine junge mobile Leserschaft anvisiert, will dann viel mehr Spiele und Aktionen ins Programm hieven, Events selber organisieren, Leserreisen und Weekends offerieren und noch mehr Vergünstigungen für Konzerte und Partys anbieten. "Man soll belohnt werden, wenn man '20 Minuten' liest", sagt Mediamanager Brazerol. Langfristig will auch 20 Minuten nicht nur die Leser binden, sondern direkt mit den Veranstaltungen oder Aktionen auch Geld verdienen. Einen Club im herkömmlichen Sinn will 20-Minuten allerdings nicht einrichten, sondern für ihre Leser eine "eigene 20-Minuten-Welt" schaffen. Mehr will Verlagsleiter Bollmann allerdings aus Konkurrenzgründen noch nicht verraten.
Ambitionierte Ziele
Beide Pendlerzeitungen wollen bis Ende 2002 den Breakeven erreichen. Dazu fahren sie unterschiedliche Strategien. So konzentriert sich 20 Minuten auf das goldene Dreieck Zürich, Bern und Basel und will vor allem die Jungen ansprechen, während Metropol sich als nationale Zeitung etablieren will und sich neben Zürich, Bern und Basel im ganzen Mittelland von Aarau, Luzern, Solothurn über Zug, Olten, Lenzburg bis Thun verbreitet und vor allem auch die Berufsaktiven avisiert.
Bei den ersten offiziellen Leserzahlen der Wemf im September hatte 20 Minuten im Grossraum Zürich noch die Nase vorn und erreichte 171'000 Leser und Leserinnen, während Metropol 124'000 Leser erzielte. Die Studie ergab, dass Metropol eher die höheren Bildungschichten mit höherem Haushaltseinkommen erreicht als die Konkurrenz. Auch in der jüngsten Inseratestatistik von Media Focus überflügelte 20 Minuten mit Inseraten im Wert von 6'420'065 Fr. das Konkurrenzblatt Metropol mit 5'954'718 Fr. Diese Inserateangaben beruhen auf Brutto-Franken und beziehen sich auf Januar bis August ohne Rubriken- und Stellenanzeigen.