Herr Bundesrat, Sie haben in der Landesregierung die Reduktion der SRG-Gebühren auf 300 Franken veranlasst. Wie waren die Reaktionen auf diesen Coup?
Die Reaktionen auf den 300-Franken-Entscheid des Bundesrats waren gemischt. Viele begrüssen die finanzielle Entlastung. Einigen geht sie zu wenig weit, anderen zu weit.
Der Bundesrat kann diese Gebührensenkung selber durchsetzen?
Ja, sowohl der Konzessionsinhalt wie auch die Gebührenhöhe liegen in der Kompetenz des Bundesrats. Die Gebührenanpassung wurde in einer Verordnung soeben beschlossen. Die Erarbeitung einer neuen Konzession erfolgt nach der Abstimmung über die 200-Franken-Initiative.
«Dann müssten wir halt nochmals über die Bücher»
Auch in der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen (KVF) stiessen Sie mit Ihrer Idee auf wenig Begeisterung.
Ja, das stimmt. In solchen Situationen – und das weiss ich aus eigener Erfahrung als Parlamentarier – will man einen Vorschlag meist nochmals überprüfen. Die Mitglieder der Kommission wollten vorerst eine Auslegeordnung über die Leistungen der SRG, auf einen konkreten Vorschlag verzichteten sie aber. Ich bin mir natürlich bewusst, dass das Parlament mit einem eigenen indirekten Gegenvorschlag die Verordnung des Bundesrats übersteuern kann. Dann müssten wir halt nochmals über die Bücher. Was ich keineswegs wagen würde, ist, ohne Gegenprojekt oder einen indirekten Gegenvorschlag in die Abstimmung zu gehen.
Sie sind Energieminister, Verkehrsminister, Umweltminister, Postminister und auch Medienminister. Wie viel Prozent nimmt die letztgenannte Tätigkeit ein?
Das kann man nicht genau beziffern, aber die Kommunikation steht über allen anderen Bereichen. Der Medienminister ist also überall vertreten. Wir sind ein Infrastrukturdepartement, was auch für die Medienpolitik zutrifft. Es geht auch hier darum, die richtigen Strukturen zu schaffen, um die Zukunft der Branche, die auch schon bessere Zeiten hatte, zu gewährleisten. Von allen Bereichen, die ich nun als Bundesrat verantworte, hatte ich von der Medienpolitik am wenigsten Kenntnis. Ausser einem Vorstoss zur Beibehaltung des SRF-Radiostudios in Bern habe ich mich nie gross mit Medienpolitik auseinandergesetzt. Ich habe mich aber schnell eingearbeitet und realisiert, dass Ihre Branche unter massivem wirtschaftlichem Druck steht. Nicht zuletzt, weil der Printanteil zurückgeht und die Onlinewerbung die finanziellen Erwartungen bei den meisten Verlagshäusern nicht erfüllen kann. Auch die «200 Franken sind genug»-Initiative beschäftigt mich stark, obwohl ich – und dazu stehe ich – als Parlamentarier in deren Lancierungskomitee war, weil ich dachte, dass die Diskussion, die jetzt angelaufen ist, sinnvoll ist.
Beim Medienkongress in Luzern wurde in der Elefantenrunde der Verleger der Ruf nach einem weiteren Massnahmenpaket laut.
Ich glaube, diese Forderung ist im Bundesrat momentan aufgrund der finanzpolitischen Situation sehr schwierig. Das versuchte ich den Verlegern bei meinem Besuch in Luzern auch zu erklären. Da der Bund die Schuldenbremse einhalten muss, steht er finanzpolitisch unter massivem Druck. Es gibt aber schon noch etwas Spielraum, insbesondere wenn man die bestehenden Instrumente noch effizienter einsetzt, beispielsweise die Postzustellung. Es gibt auch noch andere Optimierungsmöglichkeiten zugunsten der Verleger. Aber höchstwahrscheinlich sind die Erwartungen grösser als das, was wir leisten können.
Aber das Parlament kann ja auch noch mitreden …
Es gibt verschiedene parlamentarische Initiativen, wie diejenige von Nationalrätin Bulliard-Marbach, die eine Erhöhung der indirekten Medienförderung fordert. Eine andere verlangt mehr Gelder für die elektronischen Medien. Das Radio- und Fernsehgesetz (RTVG) sieht bei den Konzessionsgeldern für private Radio- und TV-Sender einen Abgabeanteil von 4 bis 6 Prozent vor. Neu soll dieser 6 bis 8 Prozent betragen. Der Entscheid liegt hier beim Parlament.

Wie ist Ihr Verhältnis zu den Medien? Für einen SVP-Vertreter kommen Sie erstaunlich gut weg …
(Lacht.) Ich bin nicht unzufrieden. Trotzdem finde ich jeden Tag einen Artikel, der mir nicht gefällt. Das ist normal. Die Medien sind unabhängig, haben ihre eigene Funktion, und als Politiker sollte man dies auch richtig einordnen können.
Früher hiess es, der «Blick» habe die Politik in Bern bestimmt. Welche Medien sind heute die einflussreichsten?
Aus meiner Warte haben die Tageszeitungen in der Politik immer noch eine grosse Bedeutung. Auch Sendungen wie die «Tagesschau» oder «10 vor 10» stossen auf grosse Beachtung und werden teilweise auch kontrovers diskutiert. In der Bevölkerung und insbesondere bei den Jungen findet die politische Meinungsbildung aber zu weiten Teilen unabhängig von den genannten Medien statt.
Sie haben in einem persoenlich.com-Interview in Luzern die Medienkonzentration kritisiert.
Es ist offensichtlich, dass viele Zeitungen mittlerweile die gleichen Artikel publizieren. Liest man das Thuner Tagblatt oder den Berner Oberländer, entspricht deren Berichterstattung, abgesehen von der Aufmachung oder einzelnen Berichten, derjenigen des Tages-Anzeigers. Es zeigt sich aber, dass die Konzentration bei den grossen Verlagen auch Nischen für kleinere, wieder mehr regionale oder fachspezifische Formate eröffnet. Ich denke dabei an den Nebelspalter, die Weltwoche, die Republik oder persönlich und persoenlich.com sowie in meiner Region zum Beispiel an den Frutigländer.
«Politisch geprägt wurde ich vor allem auch in meinem Elternhaus»
Nochmals zur Berichterstattung des Berner Oberländers. Fühlen sich die Bewohner Ihrer Heimatgemeinde Kandersteg durch dessen Berichterstattung vertreten?
Da kann ich nicht für alle reden. Ich stelle einfach fest, dass der Frutigländer, der nicht zum Tamedia-Konzern gehört, für die Leute plötzlich einen ganz anderen Stellenwert besitzt. Dank der Medienkonzentration bekommen Medien ausserhalb der etablierten Verlagshäuser mehr Gewicht. Selbstverständlich müssen diese auch kämpfen, aber sie existieren immer noch oder wieder neu.
Kandersteg hat nun mit Adolf Ogi und Ihnen plötzlich zwei Bundesräte.
Das ist für ein kleines Dorf schon etwas speziell, aber wohl Zufall. Kandersteg mit 1200 Einwohnern war immer stolz, dass es einen eigenen Bundesrat hat. Ich mag mich noch gut erinnern, als Adolf Ogi 1987 in den Bundesrat gewählt wurde. Wir sassen in einem Restaurant und haben am Fernseher mitgefiebert. Später, als er Bundespräsident wurde, durfte ich als Jugendlicher bei der Feier in der Musikgesellschaft mittrommeln. Ogi war in seinem Auftritt und seiner Rhetorik immer ein Vorbild für mich, politisch geprägt wurde ich aber vor allem auch in meinem Elternhaus.
Inwiefern?
Mein Vater war Bauer und wäre gerne in die Politik gegangen. Aber im Sommer verbrachte er jeweils zehn, zwölf Wochen auf der Alp. Da es noch keine richtigen Strassen gab, konnte er am Abend auch nicht zurück und hatte deswegen gar keine Zeit für ein politisches Amt. War er zu Hause, schaute er immer die «Tagesschau» oder hörte die Halb-ein-Uhr-Nachrichten, um anschliessend die Schweizer Politik und die Weltlage zu kommentieren. Das hat mich sehr stark sensibilisiert.
Dann haben Sie Ihre Karriere auch für ihn gemacht …
Eher für die Sache, aber er hat mir dazu durch seine Erziehung viel mitgegeben, wofür ich ihm bis heute dankbar bin.
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