15.05.2024

Zürcher Journalistenpreis

Susan Boos für Gesamtwerk ausgezeichnet

Neben der Presserat-Präsidentin und Publizistin erhalten vier Medienschaffende von Berner Zeitung/Bund, NZZ und Watson Preise Auszeichnungen für ihre Recherchen und Texte. 2018 Beiträge wurden zur Beurteilung eingereicht.
Zürcher Journalistenpreis: Susan Boos für Gesamtwerk ausgezeichnet
Für ihre klaren, intelligenten und schnörkellosen Texte ausgezeichnet: Susan Boos (in einer Aufnahme von 2020) erhält den Preis für ihr bisheriges Gesamtwerk von der Jury des Zürcher Journalistenpreises. (Bild: Keystone/Gaëtan Bally)

Die Jury des Zürcher Journalistenpreises hat am Mittwochabend den Preis für das Gesamtwerk an Susan Boos vergeben. Das schreibt die Stiftung Zürcher Journalistenpreis in einer Medienmitteilung. Weiter sind ein Autorenteam, zwei Journalisten und eine Journalistin ausgezeichnet worden: Cedric Fröhlich und Quentin Schlapbach von Berner Zeitung/Bund für ihre Recherche über den tödlichen Einsatz einer Schweizer Spezialeinheit, Birgit Schmid von der NZZ für ihren Text über eine kompromisslose Künstlerin, Daniel Strassberg für seinen bei der Republik publizierten Text über das protestierende Israel sowie Kilian Marti von Watson für seine Recherche über einen Streit zwischen Gross- und Kleinunternehmen.

Schlicht eine Klasse für sich

Die Auszeichnung für das Gesamtwerk verlieh die Jury, unter der Leitung der neuen Präsidentin Christina Neuhaus, an Susan Boos. Eine Journalistin, die keine Selbstvermarkterin, sondern schlicht eine Klasse für sich sei, sagte die NZZ-Inlandchefin gemäss Medienmitteilung in ihrer Laudatio für die langjährige WOZ-Journalistin.

Boos’ Texte seien klar, intelligent und schnörkellos. Die Autorin unabhängig, unerschrocken und stets der journalistischen Ethik verpflichtet. Ob sie über das Jugendstrafrecht schreibe, über die täglichen Herausforderungen von Menschen mit Behinderungen oder über Atomkraft. Immer gehe es Boos um die Sache, immer sei der Text fundiert, und immer seien ihre Leserinnen und Leser danach ein wenig klüger. Diesen journalistischen Werten sei Susan Boos, die heutige Präsidentin des Schweizer Presserates, seit Jahrzehnten treu geblieben, begründete Neuhaus die Auszeichnung.

Für den Journalistenpreis 2024 wurden 218 Arbeiten aus der ganzen Deutschschweiz eingereicht, schreibt die Stiftung. Daraus hat die siebenköpfige Jury aus Journalisten und Publizisten neun Geschichten für den Zürcher Journalistenpreis und drei für den Newcomer-Preis nominiert und nun vier Arbeiten ausgezeichnet.

Erinnert an filmisches Meisterwerk

Cedric Fröhlich und Quentin Schlapbach erhielten einen Preis für ihren in Berner Zeitung/Bund publizierten Text «Tod in Adelboden». Es ist die Geschichte von Martin M., der von der Spezialeinheit Enzian getötet wurde. Die Autoren beschränken sich dabei nicht auf die Rekonstruktion der tödlichen Auseinandersetzung, sondern zeichnen einen Prozess nach, dem ein komplexes Drama zugrunde liegt: Flucht, Rückzug, der psychische Verfall eines Menschen bis hin zum fragwürdigen Agieren des Staates.

Den beiden Autoren sei gelungen, was gute Journalisten ausmacht, befand die Jury. Die Journalisten erkennen eine gute Geschichte und erzählen sie. Und dies alles gestützt auf akribische Recherche und erzählt mit eleganter Schreibe, die an ein filmisches Meisterwerk erinnere.

Kluge, reflektierende Beobachtung

Birgit Schmid von der NZZ erhält einen Preis für den Text «Da jagt es mir den Zapfen ab!». Darin beschreibt sie einen Besuch bei der berühmten Künstlerin Miriam Cahn, der schnell eskalierte und bei dem die Journalistin letztlich aus dem Atelier geworfen wurde. Doch die Autorin habe die Provokationen nicht mit Gleichem quittiert. Sie schien einen Schritt zurückzumachen, um ihrer Protagonistin wieder näherzukommen, schreibt die Jury.

Nicht die Eskalation stehe somit im Zentrum des Textes, sondern die kluge, reflektierende Beobachtung, die unter der Widersprüchlichkeit der Person das wahre Wesen der Künstlerin erkennen lasse und die Kernbotschaft habe: Geht und schaut selbst, es lohnt sich.

Mit Sätzen wie in Stein gemeisselt

Daniel Strassberg gewann einen Preis für seinen bei der Republik veröffentlichten Artikel «Israel in der Krise». Der Autor, ein Philosoph und Psychoanalytiker, der sich in jungen Jahren als glühender Zionist bezeichnete, stellte sich die Frage, wie es möglich war, dass in Israel eine in Teilen rechtsextreme Regierung um Ministerpräsident Benjamin Netanjahu an die Macht kommen konnte, worauf im Land langanhaltende Massenproteste losbrachen.

Strassberg nehme dafür die Leser mit in die Vergangenheit und Gegenwart Israels, beschreibe, streue eigene Erfahrungen ein, analysiere. Er tue dies journalistisch hochpräzis, mutig, schonungslos und mit Sätzen wie in Stein gemeisselt, heisst es in der Laudatio.

Komplexe Sachverhalte verständlich aufgeschrieben

Der Newcomer-Preis wurde an Kilian Marti für seinen auf Watson veröffentlichten Text «Den Letzten beissen die Hunde. Ein Basler Grossprojekt treibt mehrere KMUs in den Konkurs» verliehen. Der 25-jährige Journalist zeige darin, wie der Ruin drohen kann, wenn Grossunternehmen aufs Ganze gehen. Die Recherche sorgte über Basel hinaus für Aufsehen. Marti habe sich eines Themas angenommen, das kein Einzelfall, sondern ein systemisches Problem sei. Dabei erkenne und benenne er die Missstände, verstehe und schreibe komplexe Sachverhalte verständlich auf, begründete die Jury die Auszeichnung. (pd/nil)


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