Mathias Döpfner ist ein Mann mit Visionen. Vor wenigen Tagen verkündete der Axel-Springer-Boss in Zürich sein mediales Credo – wie immer smart und prägnant: Die Zeitung – so der 51jährige – müsse sich vom Papier lösen. Kurz danach doppelte Marc Walder, CEO des Ringier-Verlages, in der noblen Frankfurter Zeitung (FAZ) nach und präsentierte sein 5-Punkte-Programm für das Überleben im Internetdschungel. Was die beiden verbindet: die Angst, den digitalen Schnellzug zu verpassen. Was man dabei gerne vergisst: sowohl Döpfner wie auch Walder sind auch die Chefs der grössten Zeitungsverlage ihrer Länder.
Doch in der Verlegerwelt gibt es mittlerweile nur noch schwarz oder weiss, Internet oder Zeitung. Zwischentöne sind rar geworden: wer sich für die digitale Zukunft entschieden hat, glaubt langfristig nicht mehr an das Überleben der Zeitungen. Das ist eine Glaubensfrage wie Markus Gilli oder Roger Schawinski, Geri Müller oder Patrik Müller.
Es ist klar: irgendwann sind alle digital. Aber die entscheidende Frage ist wann. Momentan verdienen die meisten Schweizer Verlagshäuser ihr Geld immer noch mit dem Print – und dies wird auch noch ein Weilchen so bleiben. Manchmal ist die Realität stärker als alle Visionen. Doch aus lauter Angst vor dem Tod wählen viele Verleger den Selbstmord – und werfen ihre aufwändig recherchierten Printartikel fast kostenlos dem Interpublikum vor. Womit man die Bezahlzeitung wirklich überflüssig macht und die digitale Revolution ihre Ernährer fressen lässt.
Als eigentlicher Winkelried gegen den Internethype entpuppt sich Peter Wanner, Verleger der AZ-Medien. Vor wenigen Tagen hat er die Neuauflage des legendären "Badener Tagblatts" angekündigt, in wenigen Wochen eröffnet er seine neue Druckerei in Aarau. Papier, so zeigt wohl seine verlegerische Erfahrung, ist möglicherweise doch geduldiger als viele denken. Das ist antizyklisch. Aber auch tröstlich.