02.07.2024

In eigener Sache

«Unsere Branche ist immer noch sexy, aber mit Handbremse»

Der persönlich-Verlag feiert sein 60-Jahr-Jubiläum. Verleger und Chefredaktor Matthias Ackeret blickt zurück und nach vorn und spricht über das Fest am Mittwoch im Kaufleuten in Zürich.
In eigener Sache: «Unsere Branche ist immer noch sexy, aber mit Handbremse»
«Solange der Duracell-Hase in mir nicht aufgibt, mache ich weiter», sagt Matthias Ackeret, Chefredaktor und Verleger persönlich. (Bild: Christian Beck)

Matthias, der persönlich-Verlag wird 60 Jahre alt. Unter welchen Umständen wurde der Verlag damals gegründet?
Das persönlich wurde von Walter P. Wyss, einem Blick-Reporter der ersten Generation, erfunden. Er verschickte auf schreibmaschinenbeschriebenem Papier News und Infos aus der Medien- und Werbebranche an ein auserwähltes Publikum, das für diesen haptischen Newsletter 700 Franken zahlte. Es war alles sehr persönlich, darum der Name. Wyss entschied auch, wer Abonnent ist und wer nicht, heute völlig undenkbar.

Am Mittwochabend findet eine Jubiläumsfeier im Kaufleuten in Zürich statt. Was ist dort zu erwarten?
Es soll auch ein Dankeschön an unsere Wegbegleiterinnen und Wegbegleiter, Leserinnen und Leser, Abonnenten, Verbandspartner und vor allem Inserenten sein, die uns während vieler Jahre die Treue halten und damit schlussendlich auch ermöglichten und ermöglichen, dass unser Verlag dieses schöne Alter erreicht. Auf dem Programm stehen neben einer musikalischen Überraschung, «Festansprachen», aber auch kurze Interviews mit Medienberühmtheiten.

Im September 2002 – also seit über 22 Jahren – verantwortest du als Chefredaktor die Inhalte vom persönlich-Magazin. Wie kam die erste Ausgabe unter deiner Leitung daher? Was war darin zu lesen?
Ich glaube, ein Streitgespräch zwischen Fredy Collioud (Publicis) und Frank Baumann, einem klassischen Allround-Kreativen, über gute Werbung. Wäre heute noch aktuell.

«Diese Leichtigkeit ist in den letzten Jahren ein bisschen abhandengekommen»

Mit der Perspektive von heute – wie hat sich die Medien- und Kommunikationsbranche in all diesen Jahren gewandelt?
Sehr stark. Als ich vor 22 Jahren bei persönlich begonnen habe, kurz nach meinem achtjährigen Engagement bei TeleZüri und Tele24, herrschte in unserer Branche eine Aufbruchstimmung und Euphorie. 20 Minuten wurde gegründet, Facts existierte noch, Köppel kam zur Weltwoche, NZZ am Sonntag und später Schweiz am Sonntag wurden lanciert. Medien und Werbung waren sexy. Dieser Grundsound, diese Leichtigkeit, ist in den letzten Jahren ein bisschen abhandengekommen, vielleicht auch wegen der massiven Werberückgänge, der schwindenden Leserzahlen, des ständigen Stellenabbaus sowie des permanenten Geklönes über fehlendes Geld. Unsere Branche ist immer noch sexy, aber mit Handbremse. persönlich und persoenlich.com wollen ein Gegengewicht sein.

Vor zehn Jahren hast du den Verlag zusammen mit Manfred Klemann gekauft und bist seither Unternehmer. Was war die einprägsamste oder einschneidendste Veränderung?
Das passierte bereits wenige Tagen nach der Übernahme, wir mussten erstmals die Löhne auszahlen. Das war schon eine neue Dimension, da man plötzlich mit grösseren Geldbeträgen konfrontiert war. Mein «Uraltfreund» Manfred Klemann, der heute VR-Präsident, Geschäftspartner und Mitaktionär des Verlages ist, kam im richtigen Moment. Dank ihm konnte ich vor zehn Jahren überhaupt persönlich erwerben. Dafür bin ich ihm ewig dankbar. Dank seines unternehmerischen Know-hows – er hatte bereits zwei eigene Verlage und das Wetterportal wetter.com gegründet – betrat ich damals nicht vollkommenes Neuland.

Auf der Frontseite von persönlich sind immer wieder prominente Persönlichkeiten zu sehen. Welche Interview-Begegnungen sind dir besonders in Erinnerung geblieben?
Viele, bei der Vorbereitung des Fests habe ich alte Ausgaben durchgeblättert. Seit 22 Jahren machen wir – Anzeigen- und Verlagsleiter Roman Frank sowie Grafikerin Corinne Lüthi – jährlich 10 bis 14 gedruckte persönlich-Ausgaben, früher waren es mit persönlich rot und persönlich blau noch mehr, da kommt schon einiges zusammen. Zu den Höhepunkten zählen sicher die anderthalb Stunden Privataudienz bei Helene Fischer, das Treffen mit Ai Weiwei in seinem Berliner Bunkeratelier oder der Morgen bei Gerhard Schröder in seiner Hannover Rechtsanwaltskanzlei, als er meinte, ich sei ein Reporter des Spiegel. Informativ war auch mein Besuch im Bundeshaus beim neuen Medienminister Albert Rösti vor wenigen Tagen. Das Interview erscheint in unserer Juliausgabe.

«Sobald ein Vorschlag für staatliche Medienförderung auf dem Tisch ist, fallen wir als Kleinverlag durch alle Maschen»

Nebst dem Magazin haben rund 20'000 Menschen den täglichen Newsletter vom Onlinemagazin persoenlich.com abonniert. Wie finanzieren sich die beiden Medien?
Ganz banal: Werbung und Abos. Sobald ein Vorschlag für staatliche Medienförderung auf dem Tisch ist, fallen wir als Kleinverlag durch alle Maschen. Das ist zwar ärgerlich, hält aber auch vital. Ein möglicher Lösungsansatz wäre vielleicht, wenn der Staat sämtliche Zustellungskosten für alle gedruckten Medienprodukte übernähme. Damit wären sehr viele Probleme auf einen Schlag gelöst und es wäre für den Staat finanziell auch verkraftbar. Damit würde man auch ein Zeichen gegen die internationalen Techkonzerne setzen, die vom Schweizer Werbemarkt profitieren, aber keine grosse Lust zeigen, etwas zurückzugeben. 

Wie wirst du das Magazin in den kommenden Jahren weiterentwickeln?
Wir versuchen bei unserer Verlagsstrategie einheitlich zu denken, das heisst, wir bevorzugen nicht Print gegenüber Online oder umgekehrt. Wir haben soeben persoenlich.com aufgefrischt und userfreundlicher gemacht, neu sind zudem die Beiträge unserer Verbandspartner auch auf persoenlich.com abrufbar. Zudem produzieren wir seit einigen Wochen einen wöchentlichen Podcast, der auf eine sehr gute Resonanz stösst. Im Print möchten wir unsere Zielgruppe – die Entscheider und Meinungsführerinnen – noch besser erreichen und versuchen in jeder Ausgabe mit guten Beiträgen und interessanten Interviews aufzuzeigen, dass die Schweizer Kommunikationsbranche spannender und wichtiger ist, als man gemeinhin denkt.

Ein Jahr vor dem persönlich-Verlag hast du im vergangenen Herbst deinen 60. Geburtstag gefeiert. Lässt du dich mit 65 Jahren pensionieren oder wie lange bleibst du noch im Geschäft?
Ich laufe seit Ausbruch von Corona täglich über 10'000 Schritte. Solange der Duracell-Hase in mir nicht aufgibt, mache ich weiter. Und ich habe ja diesbezüglich mit meinem langjährigen Ex-Chef ein gutes Vorbild (lacht).  


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KOMMENTARE

Peter Frey
03.07.2024 09:45 Uhr
Ein brausendes Jubifest wünscht Dir, lieber Matthias und deinem Team, vom Rheinknie Peter Frey verbunden mit grossem Appetit auf weitere, viele Jahre p e r s ö n l i c h analog - digital - ackeretional!
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