18.03.2025

Pumpstation Gastro

«Wir sind nicht stur prinzipientreu»

Michel Péclard hat die Zürcher Gastrolandschaft nachhaltig geprägt. Der umtriebige Unternehmer erklärt im Interview seine unkonventionellen Erfolgsrezepte und was für ihn bei neuen Locations entscheidend ist. Er spricht offen über Flops, aktuelle Trends und die Herausforderungen der Branche. Ende März wird er seine Erfahrungen an der gfm Trend-Tagung teilen.
Pumpstation Gastro: «Wir sind nicht stur prinzipientreu»
«Wenn man mit offenen Augen durch die Welt geht, dann kann man gar nicht anders, als über grossartige Möglichkeiten zu stolpern», so Gastronom Michel Péclard. (Bild: zVg)

Herr Péclard, Sie treten an der diesjährigen gfm Trend-Tagung auf und berichten von Ihren Erfolgsprinzipien. Gibt es ein bestimmtes Péclard-Prinzip?
Ja. Und manchmal auch nein. Ja, weil wir eigentlich immer versuchen, unseren Gästen eine kleine Auszeit zu bieten. Vielleicht wie eine Art Kurzferien oder Shorttrip ins Genussparadies. Dann ist das für uns Gastgeber auch wie Ferien, und man steckt sich gegenseitig mit guter Stimmung an. Dann suchen wir auf der ganzen Welt nach Inspiration und schauen dann hier vor Ort, wie wir das mit so viel regionalen Produkten wie möglich realisieren können. Und die Location muss dazu passen. Die muss nicht immer an einem Gewässer sein. Sie muss uns einfach packen. Nur «hier könnte es noch gut sein» langt nicht. Wir müssen so richtig Feuer und Flamme sein. Dann sind uns flache Hierarchien wichtig. Und nein, weil wir eigentlich nicht stur prinzipientreu sind. Höchstens, dass es uns einfach warm ums Herz werden muss.

Sie eröffnen ständig neue Restaurants wie zuletzt das Lulu in Zürich oder schon bald die Luegeten oberhalb von Pfäffikon. Nach welchen Kriterien eröffnen Sie diese?
Es werden uns ständig Restaurants angeboten. Manchmal bewerben wir uns auch. Bei den meisten Betrieben schauen wir, was es darum herum gibt. Bei Lulu ist es das Opernhaus. Dann stellen wir einen Flügel ins Lokal, auch wenn man auf der Fläche zehn bis zwölf Gäste mehr bedienen könnte. Die Luegeten bekommt beispielsweise einen Biergarten, weil das für ein Ausflugsrestaurant ein Must ist.

Haben Sie noch weitere Lokale im Visier?
Wenn man mit offenen Augen durch die Welt geht, dann kann man gar nicht anders, als über grossartige Möglichkeiten zu stolpern. Darum ergibt sich das wie von selbst. Derzeit haben wir eine Bewerbung hängig. Weiteres nicht. Aber fragen Sie mich in einer Woche nochmals.

Besteht nicht die Gefahr, dass man plötzlich zu viele Lokale hat und – unternehmerisch gesprochen – die Übersicht verliert?
Bis jetzt können wir das gut managen. Auch weil wir unseren Geschäftsführerinnen und -führern viel Autonomie geben.

Gab es auch Flops?
Aua. Ja, da gab es gar nicht wenige. NZZ am Bellevue war einer. Nicht wegen der NZZ, die eine grossartige Verpächterin war. Der Betrieb war toll, aber er passte schlicht nicht zu uns. Dann Schönau, (Konditorei im) Schober und andere. Aus Fehlern lernt man. Es schmerzt aber immer.

«Nachhaltige Erzeugnisse werden nachgefragt»

Welche Trends sind in der Gastronomie momentan angesagt?
Keiner. Alle. Klar, sind vegane und vegetarische Ernährung nach wie vor in aller Munde. Und nachhaltige Erzeugnisse werden nachgefragt, auch wenn man ein paar Franken mehr dafür bezahlen muss. Vielleicht lieber weniger ausgehen, dafür aber richtig. Open Air wird wichtiger. Dann leider Second Sitting und No-Show-Attitude von Gästen.

Wo stellen sich für einen Gastronomen momentan die grösste Herausforderung?
Personal und Nachwuchs. Vor allem die Küche ist permanent unter Druck. Hier liegt die grösste Herausforderung.

Vor einem Jahr kam Ihre Biografie «Der Beizer ohne Geschmack» von Christian Gerig auf den Markt und ist bereits in der zweiten Auflage erschienen. Wie lebt es sich damit, dass man plötzlich eine öffentliche Figur ist?
Naja, ich stand ja schon vor dem Buch immer wieder mal in der Öffentlichkeit. Es lebt sich ganz okay damit. Das Buch dreht sich per Titel um mich, aber eigentlich geht es um die Branche. Das Buch soll Mut machen, eigene Wege zu versuchen. Man kann erfolgreich sein, auch wenn man keinen Geschmack hat. Und es geht um die vielen Menschen, die unseren Job so spannend machen. In der Öffentlichkeit kann man immer darauf hinweisen, wie toll diese Leute mithelfen, diese grossartige Branche mit neuer Inspiration und viel Herzblut zu bereichern. Es ist (fast) gratis Werbung für unseren Job.


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