Die Eidgenössische Medienkommission (Emek) hat am 28. Mai ein Diskussionspapier veröffentlicht, das eine weitreichende Neuausrichtung des medialen Service Public vorschlägt. Die Vorstellung der EMEK geht weit über die traditionelle Rolle als Inhaltsproduzent hinaus und sieht den öffentlichen Rundfunk als «als offene Plattform für Information, Debatte und Teilhabe».
Gegengewicht zu kommerziellen Plattformen
Anlass zu dieser Vision gab die zunehmende Dominanz kommerzieller Plattformen wie YouTube, TikTok oder Instagram im öffentlichen Diskurs. Diese orientieren sich nach Ansicht der Emek primär an Profitlogik statt an demokratischen Werten. Ein als Infrastruktur verstandener Service public soll ein Gegengewicht schaffen und relevante Inhalte sichtbar machen, die sonst im digitalen Rauschen untergehen.
Konkret empfiehlt die Kommission, eine offene Plattform für Information, Debatte und Teilhabe zu entwickeln. Diese soll eigene Inhalte produzieren und über faire Algorithmen distribuieren, die Vielfalt und demokratische Diskurse fördern, statt Klicks zu maximieren. Transparenz, Schutz vor algorithmischen Verzerrungen und Nutzerautonomie stehen dabei im Vordergrund.
Die Plattform soll zudem öffentliche Debattenräume schaffen, die respektvollen Austausch ermöglichen. Gestützt auf journalistische Qualitätsstandards und klare Moderationsregeln sollen diese ein Gegenstück zu kommerziellen Plattformen bilden, die oft Polarisierung und Desinformation fördern.
Kooperationen statt Konkurrenz
Ein zentraler Baustein der neuen Strategie sind Partnerschaften mit privaten Medien, Hochschulen, Kulturinstitutionen und der Zivilgesellschaft. Die Emek stellt klar, dass der Service public nicht als Konkurrenz zu privaten Anbietern auftreten, sondern deren Sichtbarkeit stärken und bestehende Angebote sinnvoll ergänzen soll. Denkbar wären etwa gemeinsame Projekte wie ein «Swiss YouTube» für hochwertige Inhalte oder die Integration von Museen, Universitäten und Archiven.
Technologisch setzt die Emek auf Open-Source-Lösungen, um Transparenz und Unabhängigkeit zu gewährleisten. Dies soll Abhängigkeiten von privaten Tech-Giganten reduzieren und die demokratische Verankerung der Plattform stärken. Gleichzeitig werden dadurch Innovationsspielräume erweitert und unabhängige Kontrolle ermöglicht.
Vier zentrale Handlungsfelder
Das Diskussionspapier identifiziert vier Kernbereiche für die Neuausrichtung. Bei Produktion und Distribution sollen algorithmische Empfehlungssysteme entwickelt werden, die auf Gemeinwohl und demokratische Teilhabe ausgerichtet sind statt auf Verweildauer oder Klickzahlen. Im Bereich Kooperation soll der Service public als vertrauenswürdiges Portal für vielfältige Inhalte und Dienstleistungen fungieren.
Der dritte Bereich Debatte und Teilhabe umfasst die Bereitstellung digitaler Diskussionsforen zur Förderung gesellschaftlicher Partizipation, insbesondere von Minderheiten. Das vierte Handlungsfeld Orientierung zielt darauf ab, Chancen der Digitalisierung für Demokratie und gesellschaftlichen Zusammenhalt zu mehren und gleichzeitig Risiken zu mindern.
Keine staatliche Dominanz
Die Emek weist Befürchtungen zurück, es könne ein staatsnahes Superportal entstehen. Die Plattform soll offen, dezentral und demokratisch legitimiert sein. Ihre Governance werde transparent gestaltet und am Gemeinwohl orientiert. Statt staatlicher Dominanz gehe es darum, Alternativen zu den marktbeherrschenden globalen Plattformen zu schaffen.
Mit dem Diskussionspapier will die Kommission eine breite gesellschaftliche Diskussion über die zukünftige Ausgestaltung des Service public im digitalen Zeitalter anstossen. Im Zentrum steht dabei der Schutz und die Stärkung demokratischer Teilhabe, gesellschaftlicher Integration und Meinungsvielfalt in einer zunehmend von kommerziellen Interessen dominierten digitalen Öffentlichkeit. (pd/nil)