23.10.2024

Gesellschaft für Marketing

«Wir folgen nicht allen gängigen Marketingtrends»

Swissquote wird mit dem gfm-Marketingpreis 2024 geehrt. CEO Marc Bürki und Marketingchef Jan De Schepper sprechen im Interview über die Auszeichnung und ihre Marketingstrategie.
Gesellschaft für Marketing: «Wir folgen nicht allen gängigen Marketingtrends»
«Unser Erfolg ist, abgesehen von den Marketinganstrengungen, auf die Tatsache zurückzuführen, dass wir uns ständig verbessern und unsere Produkte und Dienstleistungen ausbauen», sagt Swissquote-CEO Marc Bürki. Neben ihm steht Marketingchef Jan De Schepper. (Bild: Marc Wetli)

Marc Bürki, Jan De Schepper, herzliche Gratulation zum gfm-Marketingpreis. Was bedeutet Ihnen diese Auszeichnung?
Marc Bürki: Vor allem Wertschätzung. Hinter dem Erfolg unseres Unternehmens steckt viel Arbeit und Engagement, schliesslich haben wir kein unbegrenztes Marketingbudget.

Wenn Sie schon die Zahlen ansprechen, wie hoch ist Ihr Marketingbudget?
Bürki: Es beträgt rund 30 Millionen Franken. Das ist sicher ein schöner Betrag, aber ein Teil unserer Konkurrenten hat viel mehr Geld für Marketingmassnahmen zur Verfügung.

Sie meinen die UBS …
Bürki: (Lacht.) Das ist ja gerade die grösste Bank. Nein, ich meine Banken auf vergleichbarem Level wie Swissquote.

Jan De Schepper: Man darf nicht vergessen, dass sich unsere Marketinganstrengungen nicht nur auf die Schweiz konzentrieren, sondern auf ganz Europa, die Emirate und Asien. So waren wir lange Zeit Sponsor bei Manchester United, um unsere Reputation international aufzubauen. Heute unterstützen wir die Uefa Europa League und die Uefa Conference League. Das ist auch geografisch sinnvoll, zumal wir insbesondere in Europa, inklusive der Schweiz, unser Wachstum beschleunigen wollen. Der Hauptsitz der Uefa befindet sich übrigens in unserer direkten Nachbarschaft, was die Zusammenarbeit sehr unkompliziert macht (lacht). Das Sponsoring einer ganzen Liga ist viel neutraler als jenes eines einzelnen Vereins, zudem sind wir das ganze Jahr über für ein Millionenpublikum sichtbar und nicht von den Erfolgsschwankungen eines Clubs abhängig. Es gibt aber auch Ausnahmen von diesem Prinzip: In der Schweiz sponsern wir unter anderem den Eishockey-Schweizer Eishockey-Meister ZSC Lions, der sehr professionell agiert, nicht zuletzt dank des neuen Stadions.


Was auffällt: Als Onlinebank setzen Sie auch auf traditionelle Medien wie Print und Out of Home …
De Schepper: Ja, wir machen Printinserate und Plakate, weil sie eine hohe Sichtbarkeit garantieren. Wir folgen also nicht allen gängigen Marketingtrends, die Print bereits abschreiben. Wir machen das, was wir für unser Produkt und unser Unternehmen für richtig halten. Darüber hinaus publizieren wir ein eigenes, dreisprachiges Magazin mit einer Gesamtauflage von 118’000 Exemplaren.

Marc Bürki, Sie und Ihr Studienfreund Paolo Buzzi sind 1996 mit Swissquote gestartet, heute – fast 30 Jahre später – beschäftigen Sie 1200 Mitarbeitende. Eigentlich eine verrückte Geschichte …
Bürki: Ja, ich staune manchmal auch. Paolo Buzzi und ich sind alte Studienfreunde. Wir haben uns an der ETH Lausanne (EPFL) kennengelernt. Obwohl wir nicht im gleichen Departement waren – Paolo studierte Mikrotechnik, ich Elektrotechnik –, hatten wir den Wunsch, eine eigene Firma zu gründen. Dass es eine Bank sein würde, ahnten wir damals nicht, thematisch waren wir weit davon entfernt. Doch das war nichts Aussergewöhnliches, 90 Prozent aller EPFL-Studenten wollten Unternehmer werden.

Was gab den Ausschlag, ein eigenes Unternehmen zu gründen?
Bürki: Sicher der Wunsch nach Selbstständigkeit. Am Anfang weiss man nicht, was daraus wird. Aber es dauerte, bis wir so weit waren. Nach Studienabschluss ging Paolo als Computerspezialist und IT-Entwickler nach Palo Alto, während ich bei der European Space Agency in Noordwijk in Holland arbeitete. Als wir uns aber wieder in der Schweiz trafen, sagten wir uns: «Jetzt packen wir es!»

Und wie sah die Geschäftsidee aus?
Bürki: Wir entwickelten Softwarelösungen für Banken. Uns war von Beginn an klar: Dort ist das Geld.


Video: Marc Wetli


Wie kamen Sie dann auf die Idee, eine Onlinebank zu gründen?
Bürki: Auch das war ein Zufall. Die Banken bezogen vor 30 Jahren die Schlusskurse von Telekurs, der Vorgängerin der SIX Group. Damit bearbeiteten sie das Portefeuille ihrer Kunden. Das tönt viel einfacher, als es war. In den 1990er-Jahren gab es noch kein Internet, und die Kommunikation wurde über das Telefon abgewickelt. Dank unserer Software konnte man aber die Dienstleistungen von Telekurs und diejenigen der Banken verlinken. Es gab dabei lediglich ein Konkurrenzprodukt, doch dessen Installation kostete 50’000 und nicht 10’000 Franken wie das unsere. Überall, wo Telekurs tätig war, konnten wir unsere Software installieren. Deren Einzugsgebiet erstreckte sich über ganz Europa. Irgendwann war aber das Potenzial ausgeschöpft, und wir hatten alle Banken, auch die letzte, mit unserem Produkt ausgestattet.

Wie lange dauerte es, bis Sie von der Konkurrenz ernst genommen wurden?
Bürki: Das dauerte. Unsere Mitbewerber, beispielsweise Reuters, waren so mächtig, dass sie uns lange Zeit gar nicht auf dem Radar hatten. Sie konnten sich nicht vorstellen, dass wir irgendwann zur Konkurrenz werden könnten. Reuters hatte zu jedem Kunden eine eigene Standleitung, was aber sehr teuer und aufwendig war, während wir die Daten frei zugänglich über das Internet verbreiteten. Doch es funktionierte. Unsere Computer waren zwar ständig überlastet, sodass wir permanent neue Geräte benötigten – was sehr viel Geld kostete –, doch mit der Zeit bekamen wir dies in den Griff. Mit zunehmendem Erfolg änderten sich auch die Bedürfnisse. Unsere Kunden fanden, dass es praktisch sei, die Kurse abzurufen, wünschten sich aber zudem, mit Wertpapieren handeln zu können. Das war eigentlich der Auslöser für das ganze Abenteuer.

Inwiefern?
Bürki: Wir wollten ursprünglich gar keine Bank sein. Doch irgendwann stellten wir fest, dass man eine Banklizenz benötigt, um Wertpapiere zu kaufen oder zu verkaufen. Paolo und ich gingen mit unseren schönsten Krawatten zur Eidgenössischen Bankenkommission, der Vorgängerin der Finma, nach Bern und erkundigten uns nach dem weiteren Vorgehen. Man empfing uns sehr freundlich, machte uns aber gleichzeitig klar, dass wir für den Wertschriftenhandel eine Banklizenz und ein Mindestkapital von 10 Millionen Franken benötigten. Okay, dachten wir, das ist machbar. Gleichzeitig entstand in der Schweiz ein Markt für Jungunternehmer. Das brachte uns das benötigte Eigenkapital.

Für dieses Jahr haben Sie einen Gewinn von 300 Millionen Franken prognostiziert.
Bürki: Mittlerweile gehen wir davon aus, dass wir ungefähr 320 Millionen Franken erzielen werden.

Das ist nicht selbstverständlich in diesen schwierigen Zeiten …
Bürki: Keineswegs. Unser Erfolg ist, abgesehen von den Marketinganstrengungen, auf die Tatsache zurückzuführen, dass wir uns ständig verbessern und unsere Produkte und Dienstleistungen ausbauen. Wichtig ist, dass man den Fokus nicht aus den Augen verliert und sich ausschliesslich auf die Bedürfnisse der Kunden konzentriert und nicht zu kompliziert wird. Zudem darf man nicht jedem Trend aufsitzen, sondern sollte immer den Sinn einer Aktivität hinterfragen. Jedes Land funktioniert anders: In Singapur haben wir beispielsweise eine Filiale, in der wir ausschliesslich B2B-Kunden betreuen, während wir in Dubai ein komplett anderes Geschäftsmodell verfolgen.



Das ausführliche Interview lesen Sie in der aktuellen Ausgabe von persönlich. Informationen zum Abo gibt es hier.


Newsletter wird abonniert...

Newsletter abonnieren

Wollen Sie Artikel wie diesen in Ihrer Mailbox? Erhalten Sie frühmorgens die relevantesten Branchennews in kompakter Form.

Kommentar wird gesendet...

KOMMENTARE

Kommentarfunktion wurde geschlossen

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren

Die Branchennews täglich erhalten!

Jetzt Newsletter abonnieren.

Neue Podcast-Folge: Jetzt reinhören