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Das wäre doch mal eine Schlagzeile wert, liebe NZZ

Was will uns die NZZ vermitteln? Die Schlagzeilen sagen es: Vergangene Woche gab's gemäss der Zürcher Zeitung nichts zu lachen für Kamala Harris, da Lachen (bei Frauen) oft irritiere.

Diese Woche thematisiert die «Alte Dame», wie die Zeitung auch liebevoll genannt wird, fettgedruckt den schmalen Grat des Frauseins in Machtpositionen: Du musst genug echte Frau sein, aber darfst Dich nicht zu sehr identifizieren.

Wie diese Beispiele zeigen, erweist sich der vermeintliche Grat des «richtigen» Frauseins aber oft als Fallgrube zwischen sich widersprechenden Erwartungen.

Kamala Harris gibt mir dieser Tage die beschwingte Hoffnung, dass wir die Geschlechterthemen des vergangenen Jahrhunderts endlich hinter uns lassen werden und die besten Leute die Arbeit machen lassen. Ihre Qualifikation fürs Amt ist aus professioneller Sicht offensichtlich höher als die ihres Konkurrenten im Wahlkampf.

Allerdings lässt die Berichterstattung hierzulande manchmal ernsthaft daran zweifeln, ob es um Qualifikation geht.

Es mutet befremdlich und seltsam an (#weird), wie die von konservativen Kreisen angefeuerten Links-Rechts-Ideologie-Kulturkämpfe immer wieder überhandnehmen und blinde Flecken produzieren, die ganze Gesichtsfelder und Zurechnungsfähigkeiten einschränken.

Der von der NZZ befragte konservative David Frum lässt im Interview nämlich selbst deutlich durchblicken, dass nur Kamala Harris die Demokratie in den USA retten kann, die von ihrem Kontrahenten zum Abschuss freigegeben wurde.

Das wäre doch mal eine Schlagzeile wert, liebe NZZ. Oder meinst Du es wirklich ernst mit «Fairness für Trump» – einem verurteilten Wiederholungsstraftäter in verschiedenen Bereichen, der sich als zukünftigen Diktator ankündigt?

Übrigens der Blick titelt gestern:
«Bisher makellos: 14 Tage Wahlkampf – 0 Fehler»
«Trump findet kein Rezept gegen Kamala Harris».

So geht das.



Esther-Mirjam de Boer ist eine Schweizer Unternehmerin und CEO der Brainboards AG, einer Firma, die sich auf Board Advisory und Executive Search spezialisiert hat. Sie ist ausserdem in mehreren Verwaltungsräten aktiv und engagiert sich als Dozentin und Referentin, insbesondere in den Bereichen Vielfalt und Führung​. Sie setzt sich zudem für eine faktenbasierte und technologieorientierte Politik ein und engagiert sich aktiv im Verein CH++ sowie in der FDP, wo sie eine progressiv-liberale Perspektive vertritt.

Unsere Kolumnistinnen und Kolumnisten vertreten ihre eigene Meinung. Sie deckt sich nicht in jedem Fall mit derjenigen der Redaktion.

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KOMMENTARE

Oliver Gisi
06.08.2024 12:30 Uhr
Tatsächlich geht Guyer das Wort "unwählbar" bei Trump nicht über die Lippen und er ist sich nicht zu schade, "Fairness für Trump" zu fordern - ein Wort das der Ex-Präsident selbst gar nicht kennt. Natürlich muss ich nicht immer einer Meinung mit der Zeitung sein. Aber es wäre schön, wenn die Zeitung weniger Wahkampfblatt wäre und mehr Fairness für Demokraten verlangen könnte.
Jürg W. Egli
06.08.2024 08:36 Uhr
Die Zeitung wird liebevoll «Alte Tante NZZ» genannt. Die *Alte Dame* kommt nur bei Dürrenmatt zu Besuch.
Ueli Custer
06.08.2024 07:45 Uhr
Vor allem Eric Guyer tut sich damit hervor, krampfhaft den notorischen Lügner und verurteilten Ex-Präsidenten auf die gleiche Stufe zu heben wie Kamala Harris oder vorher Joe Biden. Ich halte das für derart unerträglich, dass ich das Abo der NZZ gekündigt habe.
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