Kennen Sie Michael Rosenblum? Wohl kaum. Dabei hat Rosenblum die Schweizer Fernsehlandschaft mehr verändert als alle SRG-Bosse zusammen. Der 60-jährige New Yorker hat mit der Erfindung des Videojournalismus eine mediale Revolution ausgelöst: Seither laufen die TV-Reporter selber mit Kameras durch die Welt, bezeichnen sich als VJ’s und produzieren Fernsehbeiträge. Medientechnisch gesprochen: "Reduce to the max."
Als Roger Schawinski vor zwanzig Jahren Tele Züri gründete, engagierte er zuerst Michael Rosenblum. Ein Entscheid mit Nachhaltigkeit: ohne Rosenblum kein Tele Züri, ohne Tele Züri keine Schweizer Lokalfernsehen. Die eigentliche Geburtsstunde des neuen Mediums ist also der 2. August 1994, als sich in einem Hinterzimmer des Zürcher Hotels Limmat erstmals die Urequipe von Tele Züri versammelte. Doch Rosenblums Crash-Kurs war keine Wohlfühlstunde, mehr eine Rekrutenschule: Die anwesenden Neo-VJ’s, zu denen neben Eva Wannenmacher, Reto Brennwald, Peter Röthlisberger, Nik Niethammer auch der Schreibende gehörten, hatten zuvor noch nie eine Videokamera in der Hand gehabt. Nach jedem Ausbildungstag schrie Videoguru Rosenblum: "You'll be better than the Schweizer Fernsehen!" Exakt zwei Monaten später ging Tele Züri erstmals auf Sendung. Und siehe da: Seine Vision funktionierte.
Bereits in den ersten Tagen meines VJ-Lebens wurde ich von einem Kameramann des Schweizer Fernsehens attackiert, der mir vorwarf, mit meiner Kleinstkamera seinen Job überflüssig zu machen. Während ich mich längst vom Videojournalismus verabschiedet habe, arbeitet dieser immer noch am Leutschenbach. Zumindest diese Festung hat Revolutionär Rosenblum nicht geknackt.
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Der vergessene Revolutionär