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Ein Blick unter die Medien-Bettdecke

Hier eine kurze Wasserstandsmeldung über die Veränderungen in der Medienlandschaft, die Erstaunliches zutage fördert. 1. Das RTVG wollte verhindern, dass sich die grossen Verlage auch beim privaten Radio und Fernsehen eine Vormachtstellung sichern. Deshalb ist es für eine Firma verboten, mehr als zwei Radiosender zu besitzen. Alles klar? Nicht ganz. Denn soeben haben sich die Sender der Erzrivalen Tamedia und Ringier in Zürich und Bern mit den beiden Basler Sendern zu einem Pool im nicht mehr ganz so Goldenen Dreieck zusammengefunden. Auf diese Weise soll erreicht werden, dass man bei allen nationalen Werbekampagnen automatisch gesetzt ist und die unabhängigen Stationen bloss noch die Brosamen erhalten. Damit wird der Geist des Gesetzes nicht nur unterlaufen, sondern pervertiert. Denn statt die Monopolisierung zu verhindern, wurde sie durch unsinnige Vorschriften aktiv gefördert. 2. Im Verkauf von Werbung im Fernsehen gibt es jetzt ein Duopol. Da ist einmal die Publisuisse, die Vermarkterin der SRG, die in einer eigenen Liga spielt. Anderseits kann die Firma IP nach dem kläglichen Ende der Publicitas-Tochter Radiotele nun alle relevanten ausländischen Sender vermarkten und zusätzlich noch 3+. Damit hat die IP nicht allein das Monopol für den immer wichtigeren Bereich der nationalen Privat-TV-Sender. Sie hat sich durch ihre Akquisitionspolitik auch eine enorme Machtposition gegenüber den Medienagenturen erworben, die in dieser neuen Monopol-Konstellation um ihre traditionellen Kickbacks zittern müssen. Weil zudem die Verteilung der Werbegelder von Radio- und Fernsehwerbung in kommunizierenden Röhren erfolgt, hat diese Firma auch ein faktisches Monopol im Verkauf von Radiowerbung. Sie kann als Verwalterin und Verteilerin aller nationalen Werbebudgets gegenüher den einzelnen Radiosendern ihre Muskeln spielen lassen und hat deshalb eine besondere Verantwortung für eine ganze Industrie. Schau mer mal, wie diese Verantwortung in der Praxis wahrgenommen wird. 3. Noch immer sind drei Radiokonzessionen nicht definitiv vergeben worden. Weil das Bakom nach einer schmerzhaften Niederlage vor dem Bundesverwaltungsgericht auf stur geschaltet hat und die Fachbehörde Weko in einer entscheidenden Frage ausbooten wollte, wird sich die Sache noch weiter verzögern. Und damit wird das gesamte Vorgehen des Bakom definitiv zur Farce. Wahrscheinlich fällt die entgültige Entscheidung erst kurz vor der nächsten Neuausschreibung in einigen Jahren und wird noch gewaltige Kosten in sechs- oder siebenstelliger Höhe verursachen. Hoffentlich wird sich die neue UVEK-Chefin Doris Leuthard umfassend und nicht allein bei ihren Beamten informieren, um Licht in diese düstere Materie zu bringen. In der Krise, so heisst es, wird vieles auch besser. Fehlentwicklungen werden korrigiert, weil die Konzentration auf das Wesentliche klare Fortschritte bringt. Das mag für viele Bereiche zutreffen. Doch das Umgekehrte gilt ebenfalls. Unter dem Diktat eines sich verschärfenden Marktes werden Prinzipien über Bord geworfen, die man zuvor als unerlässlich beurteilt hat. Und noch etwas haben wir gelernt: All die staatlichen Eingriffe - und zwar von den langwierig erarheiteten Gesetzen bis hin zu den grossen Institutionen wie Bakom und Weko - sind im besseren Fall unnütz oder untauglich und im schlechteren sogar schädlich. Und so wird eine Branche, die in einer epochalen Krise steckt, noch zusätzlich abgestraft.
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