Dieser Tage gab die spanische Modekette Mango bekannt, dass sie auf lebende Fotomodelle verzichte und nur noch KI-generierte benötige. Der Aufschrei ist gross. Doch es zeigt auch, dass mittlerweile jegliche Scham verloren gegangen ist, um den totalen Einsatz der künstlichen Intelligenz zu kaschieren.
Selbstverständlich bearbeitete man bereits früher Bilder oder liess missliebige Personen oder Gegenstände verschwinden, nur hatten die Macher immer gewisse Restskrupel. 2013 überlegte man sich beim «World Press Photo», dem wichtigsten Preis der Branche, das Siegerbild zurückzuziehen, weil der schwedische Fotograf Paul Hansen die Beleuchtung nachträglich korrigierte. Damals ein Skandal, heute würde es nur noch verständnisloses Schulterzucken provozieren.
Die trotzige Faust
Ausgerechnet dieser Tage sind zwei fotografische Ikonen entstanden, die es zweifelsohne in das Pantheon der Fotografie schaffen. Beim ersten Bild handelt es sich um den angeschossenen Donald Trump, beim zweiten um den brasilianischen Surfer Gabriel Medina, der mit seinem Brett beinahe schwerelos über dem Pazifischen Ozean zu schweben scheint. Videos belegen, dass beide Aufnahmen ohne künstliche Intelligenz entstanden sind.
Sowohl der verletzte Präsident wie der Surfgott recken auf den Bildern trotzig ihre Faust in die Höhe, als wollten sie damit signalisieren, dass sich nicht aus der Mango-Kampagne stammen. Unsterbliche Momente entstehen weiterhin in der Wirklichkeit. Das ist tröstlich.
Matthias Ackeret ist Verleger und Chefredaktor von persönlich und persoenlich.com.
BLOG
Plädoyer für wahre Ikonen